Luftschlacht um England – Museum

Bisher hatte ich um das Thema „Battle of Britain“ einen Bogen gemacht, nicht weil es für mich uninteressant ist, sondern weil ich nicht noch ein WW2 Thema beackern wollte. Bei meiner letzten Reise nach England hat es mich jedoch in das Kent Battle of Britain Museum verschlagen. Das war anders als ich erwartet hatte und die Begeisterung der Besitzer und der Volontäre ist dermaßen ansteckend, dass ich mir zumindest ein Basiswissen aneignen möchte.

Battle of Britain

Der Battle of Britain oder die Luftschlacht um England, wie dieser Abschnitt des 2. Weltkrieges in Deutschland genannt wird, bezeichnet für Großbritannien die 2. Phase des Krieges, also die Kämpfe nach der Schlacht in Frankreich und den Rückzug über Dünkirchen. Die deutsche Luftwaffe versuchte durch massive Angriffe auf RAF-Einrichtungen die Luftherrschaft über England zu erringen, um so die Operation „Seelöwe, die Invasion von Großbritannien in Gang setzen zu können. Britische Historiker legen den Zeitraum dieser Schlacht vom 10. Juli bis zum 31. Oktober 1940 fest. Die Luftschlacht um England führte zu einer deutlichen Niederlage der deutschen Luftwaffe, was Churchill mit dem berühmten Ausspruch „Never in the field of human conflict was so much owed by so many to so few“ kommentierte.

Zu Beginn der Kämpfe verfügte Deutschland über:

  • 998 mittlere Bomber
  • 261 Stukas
  • 151 Aufklärer
  • 80 Flugzeuge der Küstenwache
  • 805 einmotorige Jäger
  • 224 zweimotorige Jäger

Insgesamt 2519 Flugzeuge

Die RAF konnte zur Verteidigung von Großbritannien folgende Luftstreitmacht einsetzen:

  • 560 Bomber
  • 754 einmotorige Jäger
  • 149 zweimotorige Jäger
  • 500 Flugzeuge der Küstenwache

Insgesamt 1963 Flugzeuge

Museum

Das „Kent Battle of Britain Museum“ findet man in Hawkinge, auf dem Weg von Folkstone nach Dover. Hawkinge war einst ein RAF-Flugfeld im 2. Weltkrieg. Im Außengelände des heutigen Museums stehen eine ganze Reihe von Nachbauten und Originalen, die im Battle of Britain eine Rolle spielten. Zudem findet man eine ganze Reihe weiterer Artefakte aus mehr oder weniger berühmten 2. Weltkriegs-Spielfilmen. Herzstück ist aber die weltweit größte Sammlung von Erinnerungsstücken zur Luftschlacht um England sowie die ausgestellten Artefakte von über 700 abgestürzten Flugzeugen. Jedes der Artefakte ist der zugehörigen Maschinen und ihres Piloten zugeordnet und erzählt deren Geschichte.

Stuart-Buttle-Hangar

Der Rundgang beginnt im Stuart-Buttle-Hangar, welcher dem Andenken des Staffelführers Stuart-Buttle gewidmet ist, der im Ersten Weltkrieg ein RFC/RAF-Kampfpilot war. Der Hangar enthält unter anderem originalgetreue Nachbildungen von Hurricane- und Spitfire-Flugzeugen, die für den Film „The Battle of Britain“ von 1968 gebaut wurden, von dem ein Großteil in Hawkinge gedreht wurde. Als der Film fertig war, wurden viele der Nachbildungen zerstört, aber das Museum hatte im Laufe der Jahre das Glück, einige davon wiederherzustellen und zu restaurieren, und verfügt nun über die größte Sammlung, die an einem Ort zu sehen ist. Der vielleicht ungewöhnlichste Gegenstand stammt ebenfalls aus dem Film „Luftschlacht um England“. Es handelt sich um ein kleines, perspektivisch verkürztes Modell einer Hurricane, welche, wenn sie aus einem bestimmten Kamerawinkel gefilmt wurde, auf der Leinwand wie ein Flugzeug in Originalgröße erschien. Es kam insbesondere in den polnischen Kampfpilotenszenen des Films vor. Schließlich gibt es im Hangar eine Reihe von Rolls-Royce-Merlin-Triebwerken, die von Absturzstellen in der Luftschlacht um England geborgen wurden, darunter welche von Hurricanes und Spitfires, einer Boulton Paul Defiant und eines Battle-Bomber.

Lord Dowding Memorial Hangar

Im nächsten Ausstellungssaal, dem Lord Dowding Memorial Hangar, der zu Ehren von Air-Chief-Marshal Lord Hugh Dowding, dem Oberbefehlshaber der Luftschlacht um England, errichtet wurde, stehen drei Messerschmitt Bf 109Es Nachbauten in Originalgröße aus dem Film „The Battle of Britain“ von 1968. Außerdem werden hier 15 aus Luftwaffenflugzeugen geborgene Daimler-Benz DB 601aero-Triebwerke ausgestellt, darunter die erste und letzte Messerschmitt Bf 109E, die 1940 auf britischem Boden abstürzte. Im Zentrum des Hangars befindet sich eine abgestürzte Messerschmitt Bf 109E. Das Flugzeug wurde im September 1940 abgeschossen und von Oberleutnant Baron Franz von Werra, Träger des Ritterkreuzes, des Eisernen Kreuzes und Luftwaffen-Ass, geflogen, der sowohl mit der JG 3 als auch mit der JG 53 im Einsatz war. Er kämpfte in Polen und den Niederlanden und schließlich in der Luftschlacht um England. Er war der einzige Luftwaffenpilot, der aus der Gefangenschaft entkam, nach Deutschland zurückkehrte und wieder als Pilot eingesetzt wurde. Im Jahr 1957 kam die Geschichte von Werras Flucht in den Film „Einer kam durch“ mit Hardy Krüger in der Titelrolle in die Kinos. In diesem Hangar sind auch ein Fokker-Dreidecker und der Rumpf eines deutschen Gotha-Bombers untergebracht, beide aus dem Kinofilm „Flyboys“, der den Einsatz von US-Piloten im 1. Weltkrieg beleuchtet.

Operation Block

Der 1927 erbaute Operationsblock, von dem aus während des Krieges alle Luftoperationen in Hawkinge gesteuert wurden, beherbergt heute das schon erwähnte Herzstück des Museums. Gegenstände aus über 700 Flugzeugen der Luftschlacht um England, von denen die meisten vom Bergungsteam des Museums in den späten 1960er und 1970er Jahren ausgegraben wurden. Nach jeder Ausgrabung wurden die Einzelheiten des Absturzes vollständig recherchiert und die geborgenen Artefakte gereinigt, sortiert und schließlich ausgestellt. Ob es ein Brief, eine Steuersäule, ein Motor, Instrumente oder einfach nur ein paar verdrehte Fragmente und ein paar leere Patronenhülsen sind, alle Fundstücke sind Teil eines großen Puzzles, welche zusammengesetzt die Geschichte von der Luftschlacht um England erzählen.

V-Waffen

Gebäude 4 ist die ursprüngliche „B“ Flight Dispersal Hut aus dem Jahr 1940, die früher auf der Ostseite des Flugplatzes errichtet und von den verschiedenen Staffeln genutzt wurde, die zu dieser Zeit vom Flugplatz aus aktiv waren. Das Museum verlegte das Gebäude Mitte der 1980er Jahre an seinen heutigen Standort.

Das Gebäude beherbergt heute Gegenstände des „Vergeltungswaffen“-Programms. Der Hauptgegenstand ist eine Nachbildung einer Langstrecken-Fliegerbombe Fieseler Fi.103 V-I.  Diese Nachbildung wurde für den Film „Operation Crossbow“ gebaut. Jede Bombe hatte an ihrer Nase ein kleines, propellerähnliches Anemometer, das mit dem Autopiloten der Bombe verbunden war. Während die fliegende Bombe durch die Luft flog, drehte ihre Vorwärtsbewegung den Propeller wie ein Windrad. Nach einer voreingestellten Anzahl von Umdrehungen löste der Propeller die Tauchsteuerung aus und richtete die Bombe in einem steilen Winkel auf die Erde. Sobald sich die Bombe zur Erde neigte, lief der gesamte Treibstoff zu einer Seite des Tanks, dem Ende, das am weitesten von der Treibstoffpumpe entfernt war. Die Pumpe begann nun Luft anzusaugen, und der Motor, der von der Kraftstoffzufuhr abgeschnitten war, hörte auf zu laufen. Der Mechanismus wurde vor dem Start vom Bodenpersonal eingestellt. Die Einstellung, wie viele Umdrehungen erforderlich waren, um die Tauchsteuerung auszulösen, basierte auf Berechnungen unter Einbeziehung der Geschwindigkeit der fliegenden Bombe und der Entfernung zum Ziel.

Waffensammlung

Gebäude Nr. 5 ist die ursprüngliche Waffenkammer aus dem Jahr 1926. Es enthält eine große Sammlung von Waffen sowie die umfassendste Sammlung des Landes an Originaluniformen, Flugausrüstung und Abzeichen von 1940, wie sie von beiden Konfliktparteien getragen wurden.

Außengelände

Auf einen Queen-Mary-Flugzeuganhänger kann man eine Replik einer Spitfire Mk. IX in Originalgröße sehen. Die Spitfire repräsentiert in ihrem „D-Day“-Farbschema die frühere Gate Guardian Spitfire Mk. IX, Seriennummer MK356, die bis zu ihrer Schließung im Dezember 1961 am Haupttor von RAF Hawkinge stand. Ein Bristol Blenheim Mk. IV. Sie wurde aus den wesentlichen Überresten von vier in Kanada gebauten Bollingbroke’s gebaut.

In einer Ecke des Museumsgeländes befindet sich an seiner ursprünglichen Position ein Unterstand vom Typ 22, der bei einem Angriff auf den Flugplatz eine Verteidigungsposition bot, die mit einer Flugabwehrhalterung auf dem Dach ausgestattet war.

Hinter dem „Operation Block“ befindet sich ein „Dig for Victory“-Garten aus dem Jahr 1940 mit einem eigenen Anderson Shelter. Dieser wird von Freiwilligen gepflegt und es werden alle ursprünglichen Obst- und Gemüsesorten aus dem Zweiten Weltkrieg angebaut. Die Produkte werden jede Saison verkauft und mit dem Erlös wird das Saatgut für die Folgejahre finanziert.

Das Hawkinge Airfield Memorial, das vor dem Operationsblock platziert ist, wurde im Juli 2015 vom Airfields of Britain Conservation Trust im Beisein von vier „The Few“ Veteranen im Museum errichtet. Es erinnert an die militärische Nutzung des Flugplatzes zwischen 1915 und 1961.

The Spirit of The Few Monument

Im Zentrum des Innenhofes stehen die Nachbildungen von drei Hawker Hurricanes in Originalgröße, welche Maschinen vom Geschwader Nr. 32 darstellen. Das Geschwader Nr. 32 operierte im Juli und August 1940 regelmäßig von RAF Hawkinge aus und wurde von der Fox Photographic Unit in einer Reihe weltberühmter Fotos festgehalten, die am 29. Juli 1940 auf dem Flugplatz aufgenommen wurden. Die Flugzeuge zeigen die vom Staffelführer John Worrall, Flugoffizier Peter M. Brothers und Sergeant William B. Higgins geflogenen Maschinen.

Das Denkmal „The Spirit of The Few Monument“ stellt mit seinen Bronzefiguren eines der oben erwähnten Fotos vom RAF Hawkinge nach. Es wurde am Freitag, dem 29. Juli 2022, um 12.20 Uhr enthüllt, dem 82. Jahrestag der Aufnahme des ursprünglichen und ikonischen Fotos. Die Aufnahme zeigt sieben Offizieren des Geschwaders Nr. 32, die sich zwischen Einsätzen im Gras entspannten.

Insgesamt ein sehr spannendes Museum, für das man aber sehr viel Zeit benötigt, um es richtig würdigen zu können.

2 Kommentare zu „Luftschlacht um England – Museum“

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