Vor knapp 2 Jahre bin ich bei schweißtreibenden 40 Grad mit dem Fahrrad durch das nördliche Elsass und den Rand der Vogesen geradelt, um hier ein paar der Schlachtfelder des Deutsch-Französischen Krieges zu besuchen. Aufgrund der Hitze, der Berge sowie der praktisch nicht vorhandenen Radwege war das Ganze ein ziemlich anstrengendes Unterfangen. Nichtsdestotrotz konnte ich eine ganze Reihe von Sehenswürdigkeiten besuchen, jede Menge Atmosphäre aufsaugen und viele Eindrücke sammeln. Mein erster Stopp führte mich in das schönen Städtchen Wissembourg (in deutscher Sprache: Weißenburg), wo ich mich im Hotel und Restaurant La Couronne, eine ehemalige Post- und Relais-Station, einquartiert hatte. Bevor ich euch auf einen Rundgang durch die Stadt und über das Schlachtfeld mitnehmen, folgt eine kurze Beschreibung der Ereignisse vom 4. August 1870.

Vorgeschichte
Am 19. Juli 1870 hatte der französische Kaiser Napoleon III. Preußen den Krieg erklärt, in dem Glauben, andere europäische Mächte würden sich auf seine Seite stellen und die süddeutschen Staaten würden neutral bleiben. Doch Frankreich musste allein gegen Preußen sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt kämpfen.
Der Preußische Schlachtplan sah den Aufmarsch von drei Armeen vor. In der Schlacht von Weißenburg kam die III. Armee unter dem Befehl von Kronprinz Friedrich Wilhelm zum Einsatz, welche den linken Flügel zugewiesen bekommen hatten und von der südlichen Pfalz mit dem Ziel Elsass operierte. Diese Armee bestand aus 128 Infanterie-Bataillonen, 102 Schwadronen an Kavallerie und 80 Artillerie-Batterien. Die rund 200.000 Mann waren in fünf Korps organisiert.
- V. Preußisches Korps unter Generalleutnant Hugo Ewald von Kirchbach
- XI. Preußisches Korps unter Generalleutnant Julius von Bose
- I. Bayerisches Korps unter General der Infanterie Ludwig Freiherr von zu der Tann-Rathsamhausen
- II. Bayerisches Korps unter General der Infanterie Jakob von Hartmann
- Korps Werder unter Generalleutnant August von Werder (gemeinsames württembergisch-badischen Korps unter, welches aus jeweils einer Division der beiden Länder gebildet wurde)
Am 3. August 1870 standen die deutschen Truppen bereit und erhielten den Befehl am nächsten Tag die Grenze bei Weißenburg zu überschreiten. Sie sollten dort die französischen Truppen zurückwerfen und sich anschließend mit der II. Armee vereinen und schließlich gemeinsam auf die französische Hauptarmee vorstoßen. Bei diesem Angriff auf Weißenburg kamen auf deutscher Seite rund 48.000 Mann Infanterie, 2.600 Kavalleristen und 144 Geschütze zum Einsatz. Der Angriffsplan sah vor, dass diese zeitlich gestaffelt und in mehreren Kolonnen die Stadt aus verschiedenen Richtungen angreifen sollten.
Die sogenannte „Elsassarmee“, welche den rechten Flügel der französischen Armee bildete, stand zu dieser Zeit in einer Linie von Bitsch–Hagenau bis Straßburg. Das VII. Corps unter General Félix Douay lagerte dahinter in Belfort. Die von seinem Bruder Abel Douay kommandierte 2. Infanteriedivision, verstärkt durch die Kavallerie-Brigade Septeuil hatte man in einer vorgezogenen Position bei Weißenburg platziert. Die nur rund 5.200 Mann mit 18 Geschützen hatten die Wälle der Stadt und vor allem eine Höhenstellung auf dem Geisberg zu Verteidigungspositionen ausgebaut. Ein Frontalangriff auf diese Stellung würde also verlustreich sein.

Ablauf der Schlacht
Die Bayern greifen an (4 Uhr – 8 Uhr)
Kronprinz Friedrich Wilhelm schickte die 4. Bayerische Infanterie-Division (Teil des II. bayerischen Korps) auf die Anhöhen südlich des Ortes Schweigen, von wo aus die Bayern die Stadt von Norden her angreifen sollten. Um 8 Uhr erreichten die Truppen ihre Ausgangsstellung. Hier protzte die Artillerie ab und eröffnete das Feuer auf die Stadtbefestigungen. Beispielhaft für die Organisation der damaligen Truppenverbände ist hier Angriff-Disposition des II. bayerischen Korps aufgeführt:
Avantgarde
- 2 Eskadronen des 2. Chevaulegers-Regiments
- 10. Jäger-Bataillon
- 3. Bataillon des 5. Regiments
- 6-Pfünder-Batterie
Hauptteil der 4. Infanterie-Division
8. Infanterie-Brigade
- Bataillon des 7. Regiments
- Bataillon des 11. Regiments
- Bataillon des 14. Regiments
7. Infanterie-Brigade
- 2 Bataillone des 5. Regiments
- 2 Bataillone des 9. Regiments
- 6. Jäger-Bataillon
- 3 Batterien
- 2 Eskadronen des 2. Chevaulegers-Regiments
Rechtes Seitendetachement
- 1 Bataillon vom 9. Regiment
3. Infanterie-Division
5. Infanterie-Brigade
- 8. Jäger-Bataillon
- 3 Bataillone vom 6. Regiment
- 3 Bataillone vom 7. Regiment
6. Infanterie-Brigade
- 3. Jäger-Bataillon
- 2 Bataillone vom 14. Regiment
- 3 Bataillone vom 15. Regiment
- 3 Bataillone vom 1. Regiment
- 4 Batterien
- 1. Chevaulegers-Regiment
Artillerie-Reserve
- 7 Batterien
Ulanenbrigade
- 1. Ulanen-Regiment
- 2. Ulanen-Regiment
- 2 Schwadronen des 5. Chevaulegers-Regiments
- 1 reitende Batterie
Abkommandiert
- 5. Jäger-Bataillon
- 2 Schwadronen des 5. Chevaulegers-Regiments

Die Franzosen waren von der Ankunft der deutschen Truppen völlig überrascht. Erst nach dem Eintreffen der feindlichen Truppen eilten ein Bataillon der 74. Infanterie und das 1. Regiment algerische Tirailleure, sogenannte Turcos, nach Weißenburg und Altenstadt, um ihre Stellungen einzunehmen. Der Hauptteil des Truppenkontingents blieb auf dem Geisberg und formierte sich beim dortigen Schloss und dem nahe gelegenen Gehöft Schafbusch.


Gedeckt durch den Beschuss der Geschütze gingen nun das 6. und 10. Jäger-Bataillon sowie das 3. Bataillon des 5. Infanterie-Regiments in Richtung Weißenburg vor. Sowohl die vorgehenden Truppen als auch die abgeprotzte Artillerie erlitten durch das Abwehrfeuer der Franzosen hohe Verluste. Obwohl die Bayern nach und nach weitere Einheiten der 8. Bayerischen Infanterie-Brigade einsetzten und die Stadt tatsächlich nur mit einem französischen Bataillon besetzt war, wurde der Angriff abgewehrt und die Bayern mussten sich zurückziehen und auf Unterstützung durch die Preußen warten.


Die Preußen kommen! (8 Uhr – 12 Uhr)
Das V. Preußische Korps war unterdessen von Schweighofen kommend, neben den Bayern über Altendorf auf Richtung Weißenburg vorgerückt, wobei die 9. Division die Führung übernommen hatte und gegen 9 Uhr eintraf. Um die Bayern zu unterstützen, wurden das 1. Schlesische Jäger-Bataillon Nr. 5, das 1. Bataillon des Posenschen Infanterie-Regiments Nr. 58 sowie Teile des 2. Niederschlesischen Infanterie-Regiments Nr. 47 von Altenstadt in Richtung Bahnhof und Hagenauer Tor geschickt. Bei diesem Vormarsch kam es zu heftigen Kämpfen mit den Turcos des 1. Régiment de Triailleurs Algériens, welche sich in den Häusern an der Straße verschanzt hatten. Ebenso machte das Artilleriefeuer vom Geisberg ein Vorwärtskommen sehr schwer. Mit den Bataillonen des Infanterie-Regiments Nr. 58 in der Mitte, flankiert von dem Jäger-Bataillon Nr. 5, zogen die Deutschen nun weiter Richtung Weißenburg.


Auf Höhe des Bahnhofs, der sich damals noch außerhalb der Stadt befand, kam eine Abteilung des französischen 74. Infanterie-Regiments den algerischen Tirailleuren zu Hilfe und griff die Deutschen an. Als noch zwei Bataillone des 2. Niederschlesischen Infanterie-Regiments Nr. 47 den deutschen Angriff unterstützten, wurde der Bahnhof gegen 11 Uhr gestürmt. Die in den Vorstadthäusern verschanzten algerischen Truppen wurden überrannt und gefangen genommen. Kurz darauf drangen die Füsiliere des Infanterie-Regiments Nr. 58 durch das Hagenauer Tor in die Stadt Weißenburg ein.


Zur selben Zeit, als die Preußen gegen Altenstadt vorgingen, wandte sich die 4. bayerische Division vom II. bayerischen Korps von Schweigen aus gegen Weißenburg. Das 10. Jäger-Bataillon, unterstützt vom III. Bataillon des 5. Infanterie-Regiments, rückte von Norden in Richtung Weißenburg vor. Der Angriff traf auf den Widerstand der hier in Hecken und Gräben gut verschanzten algerischen Tirailleure. So verzögerte sich der Vorstoß und es wurde auf Verstärkung gewartet. Die III. Bataillone des 11. und 14. Infanterie-Regiments sowie die 7. Brigade gingen links des 10. Jäger-Bataillons in Stellung und schlossen so die Lücke zum V. Korps. Als nun Altenstadt eingenommen war und die preußischen Einheiten das V. Korps auf den Bahnhof zustürmte, griffen das 10. Jäger-Bataillon sowie die III. Bataillone des 5., 11. und 14. Infanterie-Regiments von Norden und Nordosten die Stadt Weißenburg an. Der Widerstand der Franzosen in Weißenburg war inzwischen erheblich schwächer geworden, da sich die Verteidiger auf das Hagenauer Tor und den Bahnhof konzentriert hatten. Gegen 12 Uhr stürmten die Bayern das Landauer Tor und das 10. Jäger-Bataillon zog in die Stadt ein. Ein Teil der Franzosen versuchte noch durch das Bitscher Tor zu entkommen, wurde aber von einer Kompanie des 10. Jäger-Bataillons aufgehalten, welche ihnen den Rückzugsweg abschnitt. Weißenburg war erobert und die restlichen 350 Verteidiger streckten die Waffen.


Angriff auf den Geisberg (12 Uhr – 16 Uhr)
Südöstlich davon marschierte das XI. Preußische Korps durch den Bien-Wald und erreichte zeitgleich zum V. Korps die östlichen Vororte von Weißenburg. Zeitgleich zu den Kämpfen der Preußen im Osten von Weißenburg begann nun der Angriff auf die französischen Stellungen auf dem Geisberg. Dieser Angriff wurde durch einen Frontalangriff des V. Korps und einem Flankenangriff des XI. Korps unternommen. Auf dem Berg befanden sich das Schloss Geisberg, in welchem General Douay sein Hauptquartier eingerichtet hatte, sowie westlich des Schlosses, ein Gehöft mit dem Namen Schafbusch. Die französischen Truppen, dies waren Teile des 74. Infanterie-Regiments, das 50. Infanterie-Regiment, das 16. Jäger-Bataillon sowie das 78. Infanterie-Regiment, dazu noch drei Batterien Artillerie und eine Batterie Mitrailleusen, waren zwischen den beiden Gebäuden verteilt.


Der Hauptangriff der Preußen wurde auf das Schloss Geisberg konzentriert, da der Geisberg nach Osten hin seine geringste Neigung hatte und am leichtesten erstürmt werden konnte. Im Laufe der Schlacht um den Geisberg traf noch Unterstützung durch das 3. Husaren- und das 11. Chasseurs-Regiment der Kavalleriebrigade Septeuil ein. Vom Geisberg sahen die Franzosen, dass von Osten her, die 41. Brigade des XI. Corps im Anmarsch war. Frontal gingen unterdessen das 5. Jäger-Bataillon, die am Fuß des Geisberges ein französisches Geschütz erbeuten konnten, das Königsgrenadier-Regiment Nr. 7 und das Infanterie-Regiment Nr. 47 sowie rechts und links davon das Infanterie-Regiment Nr. 58 und 59 gegen die französischen Stellungen vor. Während diese Einheiten den Geisberg unter der Führung von Major von Kaisenberg hinaufstürmten, setzte sich die 41. Brigade nach Süden in Bewegung und versuchte, durch Umgehung des Berges von hinten den Schafbusch zu erreichen.


Die Franzosen mussten sich aufgrund der Übermacht schon bald auf das Schloss zurückziehen. Das große Gebäude war von einer 5 Meter hohen Mauer umgeben und von den Fenstern des Schlosses hatten die Franzosen ein gutes Schussfeld. Trotzdem versuchten die Preußen das Schloss zu stürmen. Jedes Bataillon der Preußen, welches auf den Berg vorrückte, zog zwei Kompanien in dichter Kette vor, zwei weitere Kompanien folgten als Halbbataillon. Die Angriffe gestalteten sich jedoch sehr schwierig und es kam zu hohen Verlusten. Auch Angriffe des Infanterie-Regiment Nr. 87 und des Füsilier-Regiment Nr. 80 von Süden und Osten brachten keinen Erfolg. Erst als am frühen Nachmittag Artillerie herangezogen worden war und begann, das Schloss zu beschießen, ergaben sich die rund 200 Franzosen endlich. Die auf der Bergkuppe stehende französischen Einheiten zogen sich aus ihren Stellungen zurück und rückten nach Süden ab. Gegen 14 Uhr übernahmen die zwei Kavallerieregimenter der 9. und 10. Preußischen Division die Verfolgung.


Auf deutscher Seite gab es 293 Tote, 1.082 Verwundete und 153 Vermisste, auf französischer Seite über 1.000 Mann an Verlusten. Am härtesten hatte es das Infanterie-Regiment Nr. 7 getroffen, welches bei seinem Angriff auf das Schloss auf dem Geisberg 97 Tote und 248 Verwundete zu beklagen hatte. Unter den Toten befanden sich u. a. Major Graf Waldersee, Major von Unruh und Major von Kaisenberg sowie General Abel Douay auf französischer Seite.
