In diesem Bericht will ich im Wesentlichen auf die Vorgeschichte der Schlacht von Quatre Bras am 16. Juni 1815 und die Rolle der 2. Niederländische Infanterie Division eingehen.
Vorgeschichte – Die Franzosen
Auch Marschall Michael Ney, Prinz der Moskwa und als der Tapferste der Tapferen bekannt, war an der sogenannten Verschwörung von Fontainebleau beteiligt gewesen, bei der Napoleon von seinen eigenen Generälen zur Abdankung gezwungen wurde. Doch Napoleon wusste nur zu gut, dass fähige Kommandeure nicht auf Bäumen wuchsen. Der Kaiser versichrte Ney, dass dieser Vorfall vergessen sei. Doch er ließ ihn zunächst in Ungewissheit und wartete noch auf den richtigen Augenblick, um ihn erneut an seine Seite zu holen. Am 12. Juni 1815 schickt Napoleon ihm unvermittelt diese Nachricht: „Wenn er bei der nächsten Schlacht zugegen sein will, so möge er sich am 14. in Avesnes einfinden, wo mein Hauptquartier sein wird.“
Napoleons Plan für den Feldzug von 1815 war es, mit seiner Armee zwischen den Kantonierungsgebieten der Anglo-Alliierten und der Preußischen Armee in Richtung Brüssel vorzustoßen, dabei die Verbündeten voneinander zu trennen und einzeln in zwei Schlachten zu besiegen.
Am 15. Juni 1815 um 3.30 Uhr morgens überschritt Napoleon mit der französischen Armee die Grenze. Die Truppen rückten in drei Marschkolonnen vor, die sich schließlich bei Charleroi vereinigten. Gegen Mittag, nach ersten Kämpfen mit preußischen Truppen, überschritten die Franzosen die Brücke über den Fluss Sambre. Um 15 Uhr traf Ney mit Napoelon zusammen. Er sollte den linken Flügel der Armee kommandieren, der aus dem 1. Korps D’Erlon und 2. Korps Reille, der leichten Gardekavallerie sowie dem 3. Kavallerie-Korps Kellermann bestand. „Kennen sie die Gegend von Quatre Bras?“ fragte der Kaiser. Ney antwortete: „Ich habe hier in meiner Jugend den Krieg mitgemacht und ich erinnere mich, das es der Schlüssel aller Wege ist.“ Ney erhält von Napoleon den Auftrag, diese wichtige Kreuzung zu besetzen.
Da der Tag schon weit fortgeschritten war, beschließt Ney nur die leichte Garde-Kavallerie, die leichte Kavallerie unter Pire und die Infanterie-Division Bachlelu in Richtung Quatre Bars zu senden. Seine restlichen Truppen sammlen sich zunächst bei Gosselies. Um 18.30 Uhr traf die leichte Garde-Kavallerie bei Frasnes, 10 Kilometer von Gosselies und 4 Kilometer vor Quatre Bras, auf die ersten Truppen der Anglo-Alliierten Armee.
Hier war das 2. Bataillon des 2. Nassauischen-Regiments und die reitende Batterie Bijleveld unter dem Kommando von Major de Normann positioniert. Die 1. Kompanie der Nassauer wurde zur Verteidigung des Ortes in Frasnes abgestellt. Die restlichen Kompanien ließ Normann auf einer Anhöhe nördlich von Frasnes beim Gasthaus Le Balcan Aufstellung nehmen. Die Batterie Bijleveld platzierte sich ebenfalls auf dieser Anhöhe, 2 Geschütze direkt auf der Straße und je 3 rechts und links daneben.
Es war mittlerweile 15.15 Uhr und die Verteidiger warteten auf den Vomarsch der Franzosen. Tatsächlich tauchten die ersten feindlichen Reiter schon bald auf. Die Nassauer und die Niederländer nahmen das führende Regiment der Franzosen, die Lanicers der Garde, unter Beschuss. Der Kommandeur der leichten Garde-Kavallerie, Lefebvre-Desnouettes, erkannte, dass diese Stellung nur mit Hilfe von Infanterie genommen werden konnte und forderte deshalb ein Bataillon des 2. leichten Infanterie-Regiments der Division Bachelu zur Unterstützung an. Außerdem umging die 1. Schwadron der Garde-Lanciers die feindliche Stellung im Osten und ritt dort in Richtung Quatre Bras. Die restlichen Schwadronen der Lanciers konnten allerdings durch das heftige Artilleriefeuer der niederländischen Batterie nicht folgen. Aufgrund der Umgehend beschloss Normann, sich mit seinen Truppen auf die Farm Gemioncourt und in den Wald von Bossu zurückfallen zu lassen. Zeitgleich trafen nun weitere vier nassauische Batallione mit ihrem Kommandeur Prinz Bernhard von Sachsen-Weimar ein, der auf eigene Initiative seine Brigade rund um Quatre Bras sammelte. Marschall Ney ließ daraufhin seine Truppen zurücknehmen und befahl diesen bei Frasnes und Gosselies zu biwakieren.
Vorgeschichte – Die Niederländischen Truppen
Am Morgen des 15. Juni besuchte der Prinz von Oranien zunächst das Hauptquartier des Major-General van Merlen, Kommandeur der 2. Niederländischen Kavallerie Brigade, in einem Gasthaus in St. Symphorien. Er kehrte zum Frühstück nach Braine-le-Comte, sein Hauptquartier des 1. Korps, zurück und begab sich um 9.30 Uhr nach Brüssel, wo er mit Wellington zum Mittagsessen verabredet war.
Prinz Wilhelm Friedrich Georg Ludwig von Oranien-Nassau, Kommandeur des 1. Korps der Anglo-Alliierten Armee.
Eine erste Meldung der französischen Aktivitäten an der Grenze sendet gegen 8 Uhr van Merlen von St. Symphorien ins Hauptquartier des 1. Korps nach Braine-le-Comte, wo diese um 11 Uhr eintrifft. Hier im Hauptquartier nimmt der Stabschef des 1. Korps, Major-General Constant de Rebecque, Meldungen entgegen und leitet Infomationen an die einzelnen Divisionen des Korps.
Stabschef des 1. Korps, Major-General Constant de Rebecque
Prinz Bernhard von Sachsen-Weimar, Kommandeur der 2. Brigade der 2. Niederländisch-Nassauische Infanterie-Division, hatte sein Hauptquartier in Hautain le Val, wo auch das 1. Bataillon des 2. leichten Infanterie Regiments biwakierte. Die Freiwilligen Jäger lagerten bei Thines, das 2. Bataillon des 2. leichten Infanterie Regiments bei Frasnes. Das 3. Bataillon hatte sein Quartier in Sart-Dames-Avelines. Das 1. und 2. Batallion des Regiments Oranien-Nassau hatte man in und rund um Genappe untergebracht.
Oberst Prinz Karl Bernhard von Sachsen-Weimar beginnt den Feldzug als Kommandeur de Regiments Nassau-Oranien. Am 15. Juni 1815 übernimmt er außerdem das Kommando der 2. Brigade, deren Kommandeur Oberst Goedecke infolge eines Unfalls mit gebrochenen Bein ausfällt.
Sachsen-Weimar hatte nach den erwähnten ersten Gefechten einen Boten an seinen Divisionskommandeur Baron Perponcher-Sedlnitsky nach Nivelles, dem Hauptquartier der Division gesandt und informierte ihn über die Maßnahmen, die er zur Verteidigung der Position ergriffen hatte, und über die Unzulänglichkeit der ihm zur Verfügung stehenden Streitkräfte.
Nach Erhalt des Briefes befahl Perponcher, seine Division in Nivelles zu konzentrieren. Er schickte außerem einen seiner Adjutanten, Captain Friedrich von Gagern, mit der Anweisung nach Quatre Bras an Sachsen-Weimar, die Position so lange wie möglich zu halten, sich aber in Richtung Mont St. Jean zurückzuziehen, sollte man von überlegenen feindlichen Kräften angegriffen werden.
Um 13 Uhr des 15. Juni hatte Constant de Rebecque einen Boten ins Hauptquartier der Anglo-Allierten Armee nach Brüssel gesand, um über den Vormarsch der Franzosen zu unterrichten. Dieser traf gegen 15 Uhr ein und informierte dort den Prinzen von Oranien, dem Befehlshaber des 1. Korps, welcher die Nachricht an seinen Oberkommandiernden, dem Feldmarschall Wellington weitergab. Doch reichten die Informationen nicht, um eine genaue Stärke und Richtung des Feindes bestimmen zu können.
Prinz Bernhard von Sachsen-Weimar hatte mittlerweile seine nassauische Brigade bei Quatre Bras konzentriert und begann damit, diese in Position zu bringen. Am Abend wurden die Meldungen über den Vormarsch der französischen Armee durch den Kommandeur der 3. leichten Kavallerie-Brigade, den General Dörnberg, bestätigt. Doch noch immer zögerte das Oberkommando.
Prinz Karl Bernhard von Sachsen-Weimar mit dem Stab der 2. Brigade vor dem Pachthof von Quarte Bras: „Meine Herren ich habe noch nie gehört, dass man einen Feldzug mit einem Rückzug beginnt. Halten Sie die Kreuzung!“
Unterdessen sandte Constant de Rebecque von Nivelles den Major van Limburg-Stirum, ADC des Prinzen von Oranien-Nassau, an General Perponcher, um diesen zu unterrichten, dass er seine bei Frasnes angegriffene 2. Brigade durch die 1. Brigade verstärken solle. Dieser Befehl stand entgegen den Anweisungen Wellingtons, der eigentlich eine Konzentration der Truppe bei Nivelles befohlen hatte. Major van Limburg-Stirum ritt um Mitternacht los und erreichte Perponcher um 1.45 Uhr. Darüber hinaus schickte Constant de Rebecque einen weiteren Boten nach Brüssel, der gegen 1 Uhr nachts dort eintraf. Nach erhalt der Depesche, der Prinz von Oranien befand sich, wie alle anderen Stabsoffiziere, beim Ball der Herzogin von Richmond, eilte dieser, noch in seine Galauniform gekleidet und den Säbel im Quartier vergessend, in sein Hauptquartier in Braine de Comte, wo er um 3.30 Uhr eintraf.
Zuvor, zwischen 9 und 10 Uhr abends, marschierte eine Kompanie des 27. Jäger-Bataillons von Nivelles in Richtung Quatre Bras zur Aufklärung. Gegen 2 Uhr morgens folgte Perponcher selbst mit dem Rest der Jäger und dem 8. Miliz-Bataillon, deren Truppenkörper um 4 Uhr Quatre Bras erreichte. In Nivelles wurde zunächst Major-General Bijlandt, der die 1. Brigade der 2. Niederländisch-Nassauischen Infanterie Division kommandierte, mit den restlichen drei Bataillonen seiner Brigade und der Artillerie, der Fuß-Batterie Stevenart, zurückgelassen. Im Falle eines Angriffes aus Richtung Binche sollten diese Truppen hier die Stellung halten.
Als Perponcher auf seinem Weg nach Quatre Bras den Ort Hautain le Val erreichte, traf er auf einer Gruppe von 50 preußischen Reitern. Es handelte sich um preußische Husaren des 2. Schlesischen Regiments unter Leutnant Zehelin, welche am Vortag aus der Nähe von Gosselies zurückgetrieben worden waren und sich in Richtung Hautain le Val zurückgezogen hatten. Die Husaren griffen die Außenposten des Feindes an, zwangen diesen sich zurückzuziehen, und bildeten anschließend eine Kette von Vedetten. Sobald die niederländisch-belgischen Truppen in die Nähe der preußischen Husaren vorgedrungen waren, zogen diese nach Westen in Richtung Sombreffe ab.
Schon um 3 Uhr traf Perponcher selbst in Quatre Bras ein. Sofort inspizierte er zusammen mit Sachsen-Weimar die Postion der Truppen und ließ weitere Einheiten in den Bois de Bossu verlegen und die Frontlinie verlängern.
Der Prinz von Oranien hatte bei seiner Ankunft in Braine le Comte seinen Chef des Generalstabs Constant Rebecque nach Nivelles geschickt, um die dort verbliebenen Einheiten auf den Marsch in Richtung Quatre Bras vorzubereiten. General Bijlandt befahl um 5 Uhr seiner Brigade, den Marsch von Nivelles aus zu beginnen. Das 7. niederländische Linienbataillon wurde angewiesen, in Nivelles zu verbleiben, bis die 3. niederländische Division Chassé als Ablösung eingetroffen war.
Weitere Meldungen über die Aktionen der Franzosen erreichten Brüssel, aber erst am frühen Morgen des 16. Juni gab Wellington den Befehl, dass nun auch das Reserve-Korps in Richtung Quatre Bras marschieren sollte, um dort das 1. Korps zu verstärken. Gegen 6 Uhr ritt Wellington schließlich selbst in Richtung Quatre Bras. Zu dieser Zeit hatte der Prinz von Oranien bereits die wichtige Straßenkreutzung erreicht. Um 10 Uhr traf dann auch Wellington vor Ort ein. Die beiden Befehlshaber waren überrascht, dass die Franzosen bisher noch nicht weiter vorgerückt waren. Wellington ritt von hier aus in Richtung Ligny , um sich dort mit den Preußen zu verständigen. Noch immer war man unsicher, welcher Anzahl an feindlichen Kräften man gegenüber stand und wo der Hauptangriff der Franzosen erfolgen würde.
Aufstellung zur Schlacht
Das 1. Korps des Prinzen von Oranien mit ihren 4 Divisionen war am 16. Juni um 10.30 Uhr noch weit verteilt, nur die bereits ausführlich beschriebene Division Perponcher stand schon bei Quatre Bras. Die Division Alten und Chasse waren noch im Raum rund um Nivelles, die Division Cooke stand noch bei Braine-le-Comte.
Der Prinz von Oranien hatte seine Division Perponcher über eine breite Front von rund 3,5 Kilometer Länge verteilt, um so den Eindruck größerer Stärke zu vermitteln. Auf der Straße nach Charleroi, auf dem Höhenrücken der bis Pireaumont reichte, standen 5 Geschütze der Batterie Bijleveld (3). Die restlichen 3 Geschütze der reitenden Batterie hatte man kurz vor Quatre Bras, westlich der Straße aufgestellt (4). Vier 6-Pfünder und zwei Haubitzen der Batterie Stevenart waren auf einem Hügel westlich von Grand Pireaumont positioniert(2). Die beiden übrigen Geschütze der Fuß-Batterie standen am südweslichen Waldrand von Bossu (1). An dieser Stelle deckten 2 Kompanien des 3. Batailon des 2. Nassauer Regiments die beiden Geschütze. An der Straße wurden die Kanonen von einer Kompanie der 27. Jäger gedeckt, während die restlichen Jäger-Kompanien in Plänklerlinie zwischen Gemioncourt und Pireaumont verteilt standen(5). Das 5. Miliz-Battailon hatte eine Kompanie zur Verteidigung des Pachthofes Gemioncourt abkommandiert und die übrigen Kompanien hielt man 150 Meter nordwestlich davon in Reserve (6). Im Wald und am Waldrand von Bossu standen die restlichen Kompanien des 3. Batailons des 2. Regiments, das 1. Batailon dieses Regiments, das 8. Miliz-Batailon sowie das 1. Bataillon des Regiments Oranien-Nassau (7), wobei einige Männer dieser Einheit die Farmen Grand- und Petit-Pierrepont besetzt hielten (8). Die kleine Einheit der Nassauer Freiwilligen Jäger deckte die wesliche Position der Schlachtlinie (9). Zunächst hatte man das 2. Bataillon des 2. Regiments und das 2. Bataillon des Regiments Oranien-Nassau sowie das 7. Milizbataillon bei Quatre Bras in Reserve behalten (10), doch schon bald verlegte man das 7. Milizbataillon ebenfalls in den Wald von Bossu. Das 7. Linien-Bataillon traf gegen 14.30 Uhr als letzte Einheit der Division auf dem Schlachtfeld ein. Diese Truppe wurde erst bei der Schäferei südlich der Kreuzung (11) und später auch im Wald von Bossu eingesetzt.
Erster Angriff
Um 14 Uhr rücken die Franzosen aus Richtung Frasnes vor. Für den Angriff stehen Marschall Ney zunächst die Divisionen Bachelu und Foy sowie die Kavallerie Pirè zur Verfügung. In Bataillons-Kolonne geht die Division Bachelu östlich der Hauptstraße gedeckt durch die zwei Einheiten der Chasseur à Cheval in Richtung Piraumont vor. Die Division Foy marschiert auf und westlich der Straße, gefolgt von den beiden Lancier-Regimentern.
Da die Hauptstraße und der Wald von Bossu vollständig durch die Niederländische Division verteidigt wird, richtet sich der Hauptangriff auf den östlichen Flügel der Frontlinie. Die Franzosen treiben zunächst die Plänkler der 27. Jäger bis Piraumont zurück und erobern die Farm Lairalle. Im Zentrum nimmt die französische Artillerie die Batterien Bijleveld und Stevenart unter schweren Beschuss. Schon bald muss sich die Batterie Stevenart zurückziehen. Die Infanterie der Division Foy erreicht schließlich die Farm Gemioncourt. Durch die hartnäckige Verteidigung müssen hier zwei Brigaden für den Angriff eingesetzt werden.
Westlich der Hauptstraße werden die Niederländer, verfolgt durch die Chasseur à Cheval, in den Wald von Bossu getrieben. Hier erwartet die französischen Reiter jedoch ein geordnetes Feuer, der gedeckt im Wald stehenden Nassauer, woraufhin die Chasseur à Cheval den Angriff abbrechen müssen. Doch um 15 Uhr erreicht nun auch die französische Division Jèrome das Schlachtfeld. Die leichten Regimenter dieser Formation dringen in den Wald von Bossu vor und drängen die Truppen dort zurück. Auch im Zentrum und auf der östlichen Flanke kommt der Angriff der Franzosen voran und der Pachthof Gemioncourt sowie die Farm in Piraumont werden erobert. Um 15 Uhr erreicht schließlich Wellington das Schlachtfeld und mit ihm, gerade noch rechtzeitig, Verstärkungen in Form der niederländischen Kavallerie-Brigade van Merlen sowie die englischen Brigaden Kempt und Pack.