Britische Kanonenboote im Sudan / Teil 1

Während des Konfliktes im Sudan waren zwischen 1884 bis 1898 zahlreiche Schiffe der britische Royal Navy im roten Meer und auf dem Nil im Einsatz. Die Aufgaben der Schiffe bestanden darin, den wichtigen sudanesischen Hafen Suakin zu schützen, die Küste am Roten Meer und die Handelsrouten nach Indien zu überwachen, Transport und Versorgung sicherzustellen, den Einsatz britischer Truppen an Land zu unterstützen sowie den Sklavenhandel in dieser Region zu unterbinden. Häufig wurden aus der Besatzung auch kleine Landungskommandos (Naval Brigades) gebildet, die zur Sicherung oder auch zu Kampfhandlungen herangezogen wurden.

Britische Schiffstypen

In der letzten Phase der viktorianischen Epoche wurden die drei Schiffstypen Gunboat, Gunvessel und Gunsloop zusammengefasst und bildeten zusammen die britischen Kanonenboot-Flotte. Bei größeren Einsätzen, wie 1884 und 1885 in Suakin, wurde der Kanonenboot-Flotte meist eine oder mehrere Korvetten als Flaggschiff zugeteilt.

Gunboat

Neben den großen Kriegsschiffen, den Panzerschiffen (Ironclads), waren in dieser Epoche vor allem die Kanonenboote (Gunboats) der Royal Navy in den britischen Kolonien im Einsatz. Diese relativ kleinen Schiffe mit geringem Tiefgang konnten in den Flussmündungen und flachen Küstengewässer operieren und mit ihren Geschützen die damals sprichwörtliche „Kanonenboot-Politik“ des britischen Empire durchsetzen. Die ersten aus Holz gefertigten britischen Kanonenboote wurden im Zuge des Krimkrieges in der Mitte des 19. Jahrhundert entwickelt und gebaut. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte sich die sogenannte Komposit-Bauweise durch, bei der das Schiffskelett aus Eisen und nur noch die Rumpfbeplankung und das Deck aus Holz bestanden. Einige Kanonenboote im Sudan in den Jahre 1883 bis 1898 gehörten zu diesen Komposit-Typen, die nun auch auf dem offenen Meer operieren konnten. Dies wurden einerseits durch Schraubenantrieb einer Dampfmaschine und anderseits auch noch durch Segelkraft erreicht, da die Schiffe nicht ausreichend Kohle für einen ausschließlichen Maschinenantrieb mitführen konnten.

Gunvessels

Um die Feuerkraft der kleinen „Gunboats“ zu erhöhen, wurden nach dem Krimkrieg die ersten größeren „Gunvessels“, also Kanonenschiffe gebaut. Die ersten Schiffe, die bereits auf hoher See operierten konnten waren die zwischen 1867-71 noch aus Holz gefertigten Gunvessel der Plower-Klasse. Mitte der 1870er Jahre waren diese Kanonenschiffe, zu denen die Medina-Klasse, die Forester-Klasse und die Banterer-Klasse zählten, bereits das Rückgrat der britischen Kanonenboot-Flotte geworden. Die Gunvessels waren meist mit zwei 64-pdr. RML und zwei 20-pdr. RBL ausgestattet. Das RML stand für Rifled, Muzzle Loading, also Geschütze, mit gezogenen Läufen (Rifle), die noch über die Mündung (muzzel) geladen wurden. Mit der Bezeichnung RBL waren Rifled, Breech Loading, also die modernen Hinterlader gemeint. Der Buchstabe „R“ für Rifled fiel bald weg, da alle Hinterlader jetzt ausschließlich mit gezogenem Lauf produziert wurden.

Gunsloop

Typisch für die Kanonenboote der später 1870er Jahre war das Takelwerk, dass nun den Sloops der Royal Navy glichen. Die Bezeichnung Sloop stammte noch aus der Zeit der Segelschiffe und bezeichnete Marieneinheiten, die von einem Commander geführt wurden. Richtigerweise ist die Sloop in der Royal Navy also kein eigner Schiffstyp. Zu den Kanonenbooten dieser neuen Art mit einer Länge von rund 160 Fuß zählten ab 1876 die Condor-Klasse, die Linnet-Klasse und die Algerine-Klasse. Das erste Kanonenboot, welches im Sudan eingesetzt wurde, war übrigens die HMS Ranger, ein Kanonenboot der Alergine-Klasse. Zu diesen Sloops zählten auch die zunächst als Kreuzer gedachte Fantome-Klasse, die Osprey-Klasse und die Dolphin-Klasse, deren Bau ab 1873 in Auftrag gegeben wurde. Obwohl die Kanonenboote nur relativ klein waren, hatte man sie mit starken Geschützen bestückt. Dies waren zunächst 7in. RML und 64-pdr. RML Geschütze. Zusätzlich gab es nun auch Repetiergeschütze, wie die Nordenfelt-Gun, die Vorläufer des Maschinengewehrs, die zur Nahverteidigung eingesetzt wurden. Erst mit der Dolphin-Klasse, also ab 1882 wurde die Schiffe jetzt standartmäßig mit Hinterladern ausgestattet. Die älteren Sloops wurden jedoch umgerüstet und waren nun auch mit 5 (Mark I) oder 6 (Mark II) in. BL (Breech Loading) Geschützen bewaffnet. Im Jahr 1884 wurde die Mariner-Klasse entwickelt, die mit ganzen acht 5 in. BL Mark II Geschützen, einer Signal-Kanone und acht Repetier-Geschützen ausgestattet war. Schließlich baute man die Curlew-Klasse, welche nun, aufgrund von Fortschritten in der Stahlherstellung, ab 1885 vollständig aus Metall gebaut und deutlich größer (195 Fuß im Gegensatz zu den 157 Fuß der Algerine-Klasse) war.

Korvette

Die Comus-Klasse war eine Dampfkorvett und wurde zwischen 1878 und 1881 gebaut. Die Klasse ist ein gutes Beispiel für den Übergangscharakter der spätviktorianischen Marine. In Design, Materialien, Bewaffnung und Antrieb ähneln die Schiffe dieser Klasse ihren hölzernen Segelvorfahren, vermischten sich jedoch mit den Merkmalen der folgenden mastlosen Vollmetalldampfer. Die Schiffe gehörten zu den ersten der kleineren Kreuzer, die einen Metallrumpf erhielten, mit Rahmen aus Eisen oder Stahl. Wie bei älteren Holzschiffen hatten ihre Rümpfe eine Kupferummantelung über Holz unterhalb der Wasserlinie, aber dieses Holz diente lediglich dazu, den Eisenrumpf von der Kupferummantelung zu trennen, um elektrolytische Korrosion zu verhindern. Die Ausstattung mit Segeln ermöglichten es den Schiffen, in Gebieten zu operieren, in denen Bekohlungsstationen rar gesät waren.

Die HMS Carysfort.

Die Schiffe hatten zwei komplette Decks, ein oberes und ein unteres, mit Teildecks am Vorschiff und am Bug, wo Arbeitsräume und die Kabinen für den Kapitän, den Oberleutnant und den Navigationsoffizier lagen. Dazwischen befand sich das offene Achterdeck, auf dem sich die Geschütz-Batterie befand. Unter dem Unterdeck lagen Räume für Wasser, Proviant, Kohle und Magazine für Granaten und Pulver. Mittschiffs hatte man die Maschinen- und Kesselräume installiert. Diese waren von einem gepanzerten Deck geschützt, das 1,5 Zoll (38 mm) dick und etwa 100 Fuß (30 m) lang war. Diese Panzerung befand sich etwa 90 cm (3 ft) unter dem Unterdeck, und der Raum dazwischen konnte für zusätzliche Kohlebunker genutzt werden. Die Maschinenräume wurden zudem von weiteren Kohlebunkern flankiert, welche den Maschinen und Magazinen einen gewissen Schutz von den Seiten boten. Das untere Deck diente als Unterkunft der Mannschaft, wobei Offiziere achtern, Unteroffiziere vorn und Mannschaften mittschiffs untergebracht waren.

Die Korvette der Comus-Klasse war mit zwei 7 in. RML, acht 64-pdr RML und vier 6 in 80-pdr Geschützen bewaffnet. Eine Anzahl an leichten Geschützen und Nordenfelt-Guns sowie ein Paar Torpedolafetten wurden ebenfalls mitgeführt. Die großen Geschütze waren an Geschützpforten platziert, die im Schanzkleid des Oberdecks lagen, ein Unterschied zu den Fregatten, die ihre Hauptbewaffnung ein Deck tiefer trugen.

Bewaffnung

Die Bewaffnung der ersten Kanonenboote spiegelte die sich ständig ändernden Verhältnisse und technologischen Verbesserungen während des Krimkrieges wider. Die Mehrzahl der Kanonenboote und Kanonenschiffe war zunächst mit 68-pounder smoothbore muzzle loaders (SML) bestückt, also Glattrohrvorderlader von 4,8 Tonnen und einer Reichweite von 3.000 yards. Sie wurden kurzzeitig durch die RBL 7-inch Armstrong gun, den sog. 110-pounder, ersetzt, einem gezogenen Hinterlader. Reichweite, Ladegeschwindigkeit und Feuerrate waren überlegen, doch bei der Bombardierung des japanischen Kagoshima im Jahr 1863 explodierte ein Verschlussblock aufgrund falscher Bedienung im Eifer des Gefechts und so ließ die Admiralität vorerst ab von großen Hinterladern und entschied sich stattdessen für Vorderlader mit gezogenem Rohr, die dann noch weitere 15 Jahre in Gebrauch blieben.

1864 übernahm die Royal Navy den in Woolwich produzierten RML 64-pounder, der 3,5 Tonnen wog und eine Reichweite von 5.000 yards hatte. 1865 kam das RML 7-inch-Geschütz in Dienst. Es wog zwar stolze 6,5 Tonnen, hatte aber eine beeindruckende Reichweite von 5.500 yards und 1874 wurde davon eine leichtere 4,5-Tonnen-Version entwickelt, welche die gleiche Reichweite wie ihr schwererer Vorgänger hatte.

Im Jahr 1880 beschloss die Admiralität, auf die neue Generation von Hinterladergeschützen (BL), die damals gerade auf den Markt kamen, umzusteigen. Da nun alle Geschütze gezogene Rohre hatten, war das Kürzel „R“ überflüssig geworden. Die Kanonenboote der Albacore-Klasse, die 1883 vom Stapel liefen, waren die ersten, die mit diesen Waffen, einer Kombination aus BL 4-inch- und 5-inch-Hinterladern, ausgestattet waren. Ihre Vavasseur-Geschützhalterungen waren so konzipiert, daß sie den Rückstoß der Waffe absorbierten. Das BL 4-inch-Geschütz hatte eine Reichweite, die nicht größer war als die der RMLs, die es ersetzte, aber diese erhöhte sich mit der Einführung der nachfolgenden Modelle bis auf 7.700 yards. Das BL 5-inch-Geschütz hatte eine Reichweite von 8.700 yards und eine höhere Ladegeschwindigkeit als sein RML-Vorgänger. Noch wichtiger jedoch waren seine erhöhte Treffergenauigkeit und Feuerrate. Außerdem waren sie mit einem Gewicht von rund 1.320 kg (BL 4 inch Mks II-VI) bzw. 2.030 kg (BL 5-inch) deutlich leichter als die RML 7-inch-Geschütze. Das bedeutete, dass mehr von ihnen auf einem Schiff mitgeführt werden konnten. 1892 führte die Royal Navy die ersten Schnellfeuergeschütze ein, die (quick-firing) QF 6-inch naval guns mit einer Reichweite von 10.000 yards bei 20 ° Elevation und 15.000 yards bei 28 ° Elevation, dies mit einer Granate von 100 pounds, rund 45 kg. Schließlich wurde 1899 die BL 6-inch Mark-II von der Royal Navy in Dienst gestellt, mit einer Reichweite von 14.600 yards bei einer kleinen und 15.800 yards bei einer großen Ladung. Damit wurden die Sloops der Dolphin- und Curlew-Klasse ausgestattet.

Gefechtsübung an Bord der HMS Carysfort im Jahr 1882.

Sudan-Flotte

Zu den Britischen Schiffen, die im Roten Meer und dort vor allem in Suakin eingesetzt wurden, gehörten die HMS COQUETTE (Gunsloop / Ariel-Klasse), HMS RANGER (Gunsloop / Algerine-Klasse), HMS GANNET (Gunsloop / Osprey-Klasse), HMS DOLPHIN (Gunsloop / Dolphin-Klasse), HMS CONDOR (Gunsloop / Condor-Klasse), HMS RACER (Gunsloop / Mariner-Klasse), HMS CYGNET (Gunvessels / Forester-Klasse), HMS STARLING (Gunvessels / Banterer-Klasse), HMS WOODLARK (Gunvessels / Plover-Klasse), HMS ALBACORE (Gunvessels / Albacore-Klasse), HMS HECLA (Torpedo-Boat), HMS DRYARD (Sloop-of-war/ Amazon-Klasse), HMS SPHINX (Paddle-Steamer), HMS BRITON (Corvette / Briton-Klasse), HMS CARYSFORT (Corvette / Comus-Klasse), und die HMS EURYALUS (Corvette / Bacchante-Klasse).

HMS CARYSFORT (Corvette / Comus-Klasse / 1878)

Die HMS Carysfort, eine Korvette mit Baujahr 1878, wurde während ihres Einsatzes im Sudan von Kapitän Walter Stewart kommandiert. Das Schiff war mit 2 x 7 in. RML und 12 x 64-pdr. RML bewaffnet. Das Schiff war zwar ein langsamer Dampfer, hatte aber gute Segeleigenschaften. Ihre Klasse (Comus) führte die Tradition ein, alle Schiffe mit dem gleichen Anfangsbuchstaben zu benennen. Das Schiff hatte eine Länge von 225 Fuß und besaß eine Besatzung von 265 Offizieren und Mannschaften. Das Schiff war für seine Zeit sehr fortschrittlich ausgestattet, denn es hatte „geschützte“ (gepanzerte) Maschinenräume, verfügte über elektrisches Licht und Suchscheinwerfer, trug Torpedos, hatten Duschen und Toiletten für die Besatzung und, was am ungewöhnlichsten war, eine Bibliothek für die Mannschaft. Ihre Höchstgeschwindigkeit betrug ca. 13 Knoten und ihre Reichweite mit Wind- und Dampfkraft über 5.000 Meilen. Die Carysfort war von Februar bis November 1884 und erneut von März bis August 1885 im Sudan im Einsatz.

Der Oberbefehlshaber der Mittelmeerflotte, der Herzog von Edinburgh, ließ alle seine Schiffe weiß streichen. Dies war sicherlich keine praktische Farbe für Kampfschiffe, sollte aber sicherzustellen, dass sie „gesehen“ wurden und so die Anwesenheit von Großbritannien symbolisieren.

HMS EURYALUS (Corvette /Bacchante-Klasse / 1877)

Die Euryalus, benannt nach Euryalos, einem der Argonauten aus der Griechischen Mythologie, war eine Schrauben-Korvette der Bacchante-Klasse, die im Jahr 1877 vom Stapel lief. Die Euryalus war das Flaggschiff des Sudan-Geschwaders und an Bord befand sich Konteradmiral Sir William Hewett. Kommandierende Offiziere des Schiffes waren Kapitän Hastings und Leutnant Graham.

An Bord der Euryalus werden durch Konteradmiral Hewett verbündete Beja im Hafen von Sudakin empfangen.

Den Verbündeten werden die Waffen des Schiffes demonstriert.

Die Korvetten der Bacchante-Klasse wurden ab 1872 gefertigt und die Euryalus 1873 in den Chatham Royal Dockyard gebaut. Die 85 Meter langen Schiffe hatten eine Höchstgeschwindigkeit von 15 Knoten und eine Besatzung von 375 Mann. Zur Zeit des Einsatzes im Sudan war die Euryalus mit 12 × 6-Zoll-Mk-II-Hinterladergeschützen, 4 × 5-Zoll-Hinterladergeschütze und einigen Repetiergeschützen bewaffnet.

Die Euryalus und die Sphinx (am rechten Rand) vor Suakin.

HMS CONDOR (Gunsloop / Condor-Klasse / 1876)

Die HMS CONDOR war ein Kanonenboot der Condor-Klasse mit Baujahr 1876. Das 48 Meter lange Schiff war mit einem 7-inch (4½-Tonnen) RML sowie zwei 64-pdr (64cwt) RML-Geschützen bewaffnet. Zusätzlich zu den drei Hauptgeschützen hatte das Schiff eine Gatling-Kanone, die auf dem Hauptdeck montiert war. Die drei Standardgeschütze wurden später durch drei weitere 7-Pfünder ergänzt. Das Schiff hatte eine Besatzung von 100 Mann. Sie war mit drei Kesseln, einer horizontalen 2-Zylinder-Verbunddampfmaschine und einer einzigen Schraube ausgestattet, was ihr eine Nennleistung von 750 PS mit einer Geschwindigkeit von 11,5 Knoten verlieh.

Die HMS Condor 1882 bei der Bombadierung von Alexandria.

Nachdem die Condor am 17. Juli 1877 offiziell in Dienst gestellt wurde, verlegte sie man 1879 zur Mittelmeerflotte, wo sie bis mindestens 1886 verblieb. Die HMS Condor stand unter dem Kommando von Lord Charles Beresford und hatte den Kriegsberichterstatter Frederic Villiers und Moberly Bell von der Times als Gäste an Bord. Im Jahr 1882 war die Condor Teil des britischen Geschwaders, welches Alexandria bombardierte und wurde für ihren Einsatz dort von der Admiralität ausgezeichnet. Während ihres Einsatzes im Sudan wurde das Schiff von Commander William Cecil Henry Domville kommandiert. Einige Seeleute der Besatzung waren der Teil der Marinebrigade, die in der Gegend rund um Suakin operierte. Die Condor lag von Juli bis September 1884, im November 1884 sowie im Mai 1885 in Suakin vor Anker.

HMS COQUETTE (Gunsloop / Ariel-Klasse / 1871)

Die HMS Coquette wurde im Jahr 1871 gebaut und war ein Kanonenboot der Ariel-Klasse. Während des Einsatzes im Sudan wurde das Schiff von Lieutenant Fitzhauch Eden Crowe kommandiert. Die Kanonenboote der Ariel-Klasse wurden von Sir Edward Reed entworfen und waren die ersten Kanonenboote der Royal Navy in Verbundbauweise, d. h. mit eisernem Kiel und Gerüst, aber mit Holz beplankt.

Die HMS Coquette

Die Ariel-Klasse wurde zwischen 1871 und 1873 gebaut und gehörten zu den ersten Schiffen, die mit Verbundexpansionsmotoren ausgestattet wurden, was es der Royal Navy ermöglichte, mit neuen Motorkonstruktionen zu experimentieren, die in kleinen, billigen Schiffen mit geringem Risiko betrieben wurden. Diese Verbunddampfmaschine oder Mehrfach-Expansionsmaschine waren Dampfmaschinen mit mindestens zwei in Dampfrichtung nacheinander geschalteten Arbeitseinheiten. Diese mehrstufige Nutzung des Dampfdrucks erbrachte eine bessere Ausnutzung der im Dampf enthaltenen spezifischen Energie und führte zu einer höheren Geschwindigkeit der Kanonenboote. Die Ariel-Klasse war mit zunächst mit 4 RBL – Geschützen bestückt, aber ein Teil der Schiffe wurde in den 1880er Jahren mit zwei 5-Zoll- und zwei 4-Zoll-Hinterladern neu bewaffnet.

Grundriss der HMS Coquette.

HMS CYGNET (Gunvessels / Forester-Klasse / 1874)

Die Kanonenboote der Forester-Klasse wurden zwischen 1874 und 1877 für die Royal Navy gebaut und waren mit zwei 6-Zoll (150 mm) 64-Pfünder (56cwt) RML und zwei 4 Zoll (100 mm) 20-Pfünder Armstrong-BL bewaffnet. Alle 4 Geschütze waren auf traversierenden Schlitten montiert. Die von Nathaniel Barnaby, dem Chefkonstrukteur der Royal Navy, entworfenen Kanonenboote ähnelten in jeder Hinsicht den vorhergehenden Kanonenbooten der Ariel-Klasse. Sie wurden mit einer horizontalen 2-Zylinder-Verbunddampfmaschine ausgestattet. Diese Motoren hatten eine Nennleistung von 60 PS und leisteten zwischen 289 kW und 384 kW. Alle Schiffe dieser Klasse verfügten für die Fahrt unter Segeln über ein Dreimast-Barken-Takelwerk. Die HMS CYGNET wurde 1874 fertiggestellt und während ihres Einsatzes im Sudan von Lieutenant Alexander Milne Gardiner kommandiert. Das Schiff operierte vor Suakin im Zeitraum September 1884 bis Mai 1885.

Eine Gatling-Gun im Mast-Top wird abgefeuert.

HMS DRYARD (Sloop-of-war / Amazon-Klasse / 1866)

Commander Edward Grey Hulton übernahm im Januar 1884 den Befehl über die HMS Dryard. Unter seinem Kommando bildete ein Teil ihrer Schiffsbesatzung eine Einheit der Marinebrigade, welche die Armee unter General Sir Gerald Graham in die Schlacht von El Teb begleitete. Die Schiffe der Amazon-Klasse waren mit einem Rammbug ausgestattet. Sogenannte Ramm- oder Widderschiffe wurde in den 1860er Jahren von vielen Nationen experimentell gebaut. Voraussetzung für einen erfolgreichen Ramm-Angriff zu See waren hohe Geschwindigkeit, große Manövrierfähigkeit, große Eigenmasse und hohe Rumpffestigkeit des angreifenden Schiffs. Es gelang jedoch nicht, diese Bedingungen umzusetzen. Da die Entwicklung der Schiffsartillerie gleichzeitig große Fortschritte machte, kam die Entwicklung der Widderschiffe nicht aus dem Prototyp-Stadium heraus.

Die HMS Dryard. Gut ist der schräggestellte Rammbug zu erkennen.

HMS RANGER (Gunvessel / Algerine-Klasse / 1880)

Die HMS Ranger war das erste britische Kriegsschiff, welches im Sudan während des Mahdi-Aufstandes eingesetzt wurde. Unter dem Kommando von Kapitän Darwell erreichte es von Aden kommend am 16. November 1883 die sudanesische Hafenstadt Suakin. Das Kanonenschiff der Algerine-Klasse wurde ab 1880 in einer Anzahl von drei Schiffe gebaut. Zwei von ihnen, darunter die HMS Ranger wurden nach nur zehn Dienstjahren verkauft. Die Kanonenschiffe der Algerine-Klasse ähnelten den Kanonenschiffen der Condor-Klasse von 1875, verfügten jedoch über ein zusätzliches Deck. Es hatte sich herausgestellt, dass diese Konstruktion die Kanonenschiffe in den Tropen weitaus komfortabler machte, da man zwischen den vorderen und hinteren Aufbauten eine Persenning spannen konnte, unter der die Matrosen geschützt im Freien übernachten konnten. Die Algerine-Klasse war die letzte Klasse von Composite-Kanonenschiffen, die für die Royal Navy gebaut wurden. Die Schiffe waren mit einem 7-Zoll RML (180 mm) (41/2 Tonnen), zwei 64-Pfünder RML Geschützen, zwei Repetier- sowie einem leichten Geschütz ausgestattet. Das einzelne 7-Zoll-Geschütz wurde später durch ein Paar 5-Zoll-Hinterladergeschütze ersetzt.

HMS BRITON (Corvette / Briton-Klasse / 1869)

Die HMS Briton wurde von Kapitän Rodney Maclaine Lloyd während ihres Einsatzes in Ost-Indien und während der Sudan Kampagne kommandiert. Sie wurde bereits 1871 der Ostindien-Station zugeteilt. Dort blieb sie viereinhalb Jahre, wo sie sich hauptsächlich mit der Unterdrückung des Sklavenhandels beauftragt war. Das Schiff wurde nach seiner Rückkehr in die Heimat umgerüstet und neu bewaffnet. Die Briton blieb in Reserve, bis sie 1881 für den Dienst auf der Kap-Station wieder in Dienst gestellt wurde. Nach zwei Jahren am Kap verlegte man sie bis 1887 zurück nach Ostindien. 1884 nahm sie an der Kampagne im Ost-Sudan teil und transportierte hierfür Truppe nach Trinkitat, wo die zweite Schlacht von EL Teb ausgetragen wurde.

Eine Nordenfelt-Gun im Masttop eines Kanonenbootes.

Die HMS Briton war eine während ihres Einsatzes im Sudan schon rechte betagte Korvette der Briton-Klasse. Die bis auf ihre eiserne Querträger noch komplett aus Holz gebaute Schraubenkorvetten, wurde in den späten 1860er Jahren für die Royal Navy gefertigt. Alle drei Schiffe dieser Klasse dienten während ihrer kurzen Dienstzeit in Übersee. Zusammen wurden sie den Stationen China, Ostindien, Afrika, Nordamerika und Pazifik zugeteilt. Alle drei galten 15 Jahre nach ihrer Fertigstellung schon als veraltet und wurden in den Jahren 1886 und 1887 verkauft. Die Korvetten der Briton-Klasse wurden als verlängerte Versionen der Schaluppen der Eclipse-Klasse entworfen. Wie die kleineren Schiffe hatten sie einen widderartigen Bug, um das Gewicht nach vorne zu reduzieren. Die Schiffe waren 67,1 m lang und hatten eine Breite von 11,0 m. Ihre Besatzung bestand aus 220 Offizieren und Mannschaften. Die Klasse war schiffsgetakelt und hatte eine Segelfläche von 1.394 m2. Die Schiffe waren schlechte Segler und ihre höchste Geschwindigkeit allein unter Segeln betrug etwa 11 Knoten. Man führte ihre schlechte Leistung unter Segeln auf den Widerstand der Schiffsschraube zurück, die weder aus dem Wasser gehoben noch gefedert werden konnte. Die Schiffe waren zunächst aus einer Mischung aus 7-Zoll- und 64-Pfünder RML-Geschützen bewaffnet. Die acht 64-Pfünder waren auf der Breitseite montiert, während die beiden 7-Zoll Kanonen auf dem Vorschiff montiert waren und als Verfolgungsgeschütze dienten.

HMS WOODLARK (Gunvessel / Plover-Klasse / 1871)

Die HMS Woodlark war ein komplett aus Holz gebautes Schraubenkanonenschiff der Plover-Klasse, das von 1871 bis 1887 in Dienst stand. Die Schiffe dieser Klasse dienten größtenteils im Ausland und wurden vorzeitig in den Ruhestand versetzt, da sie Ende der 1880er Jahre als hoffnungslos veraltet galten. Vor dem Einsatz im Sudan kreuzte die Woodlark drei Jahre im Persischem Golf und wurde zu dieser Zeit von Kapitän Nesham kommandiert. Das 51,8 m lange Schiff hatte eine Besatzung von 90 Mann und war mit 1 × 7-inch RML und 2 × 40-pounder RML-Geschützen bewaffnet.

Die HMS Woodlark

HMS ALBACORE (Gunvessels / Albacore-Klasse / 1883)

Das Kanonenboot der Albacore-Klasse wurden 1883 für die Royal Navy gebaut wurden (nicht zu verwechseln mit den namensgleichen Gunboats von 1855). Die Albacore-Klasse wurde von Nathaniel Barnaby entworfen. Die Schiffe bestanden aus Verbundwerkstoffen, d.h. der Kiel, die Rahmen und das Gerüst waren aus Eisen, während der Rumpf mit Holz beplankt war. Dies hatte den Vorteil, dass die Schiffe unter der Wasserlinie mit Kupferplatten bestückt werden konnten und so der Schiffsrumpfsbewuchs unter Kontrolle blieb, ein Problem, das normalerweise dazu führte, dass Schiffe mit Eisenrümpfen häufig ins Dock mussten. Die Schiffe mit einer Länge von 41 m leisteten Pionierarbeit bei der Verwendung moderner Hinterladergeschütze als Hauptbewaffnung, waren aber die letzten Kanonenboote, die ihre Waffen auf traversierenden Lafetten montierten. Die Schiffe der Klasse waren mit zwei 5-Zoll/50-pdr (38cwt) Hinterladergeschützen und zwei 4-Zoll/20-pdr-Hinterladergeschützen bewaffnet. Ein Paar Repetiergeschütze wurde ebenfalls eingebaut.

Suchscheinwerfer, Nordenfelt-Gun und Hinterlager-Geschütz der HMS ALBACORE im Einsatz.

HMS SPHINX (paddle vessel / 1882)

Die HMS Sphinx war Schaufelraddampfer, welcher 1882 in Kompositbauweise in Blackwall, London fertiggestellt und im Jahr 1919 außer Dienst gestellt wurde. Im Oktober 1883 hatte man die Sphinx für den Dienst im Persischen Golf und im Roten Meer abgestellt. Sie traf im Dezember 1883 in Suakin ein. Befehlshaber an Bord war Commodore Robert Henry More Molyneaux. Das Schiff war von Oktober 1884 bis 1885 in der Region und wurde aufgrund seiner hohen Geschwindigkeit häufig zur Übermittlung von Nachrichten eingesetzt.

An Bord der HMS Sphinx.

Die HMS Sphinx.

HMS HECLA (Torpedo-Boat – Depot-Ship / 1878)

Die Hecla wurde zunächst als Handelsschiff 1878 bei Harland & Wolff, in Belfast gebaut, aber anschließend an die Royal Navy verkauft. Mitte Mai 1878 schlug man vor, die Hecla in Portsmouth als bewaffnetes Truppenschiff mit fünf 64-pdr-71-cwt-Geschützen und einem 40-pdr-B.L.-Geschütz umzurüsten. Im September 1883 war die Hecla nicht in der Lage, mit dem Rest des Kanalgeschwaders zu kreuzen, da „eine lange Liste von Mängeln“ an die Portsmouth Royal Dockyard gemeldet wurde. Sie musste repariert werden und wurde mit vier 2nd class Torpedo-Booten ausgestattet.

Das 120 m lange Schiff hatte eine Besatzung von 277 Mann und war dazu ausgerüstet, um andere Torpedo-Boote zu warten und sich um die Torpedo- und Minenbedürfnisse einer Flotte zu kümmern. Sie diente bei der britischen Mittelmeerflotte und wurde von einer Reihe angesehener Offiziere kommandiert, die zu den führenden Torpedospezialisten ihrer Zeit gehörten. Während ihres kurzen Einsatzes im Sudan wurde die HMS Hecla von Captain Arthur K. Wilson kommandiert.

Die HMS Hecla

HMS DOLPHIN (Gunsloop / Dolphin-Klasse / 1882)

Die HMS Dolphin wurde im April 1884 mit ihrem Befehlshaber Commander Sydney Marrow Eardly Wilmot für die Mittelmeerflotte in Dienst gestellt. Das Schiff wurde im September 1884 nach Suakin verlegt, um die dortige Operation der Armee zu unterstützen.  Sie half bei der Bombardierung einiger Küstenziele im Dezember. Im März 1885 landete ein Kontingent für eine Marinebrigade unter dem Kommando von Leutnant Montagu Hamilton March Seymour, die in Tamai stationiert wurde. Die Männer wurden am 22. März 1885 bei Tofrek angegriffen, wobei Leutnant Seymour und sechs Matrosen ums Leben kamen. Die Marinebrigade erlebte am 24. März und 26. März weitere kleine Gefechte. Anfang April 1885 kehrten die Männer an Bord des Schiffes zurück. Die Dolphin blieb von 1885 und 1886 sowie erneut 1888 in den Gewässern vor Suakin.

HMS RACER (Gunvessel / Mariner-Klasse / 1884)

HMS Racer war ein Kanonenboot der Mariner-Klasse, welches in Devonport für 37.000 £ gebaut und 1885 in Dienst gestellt wurde. Das 51 m lange Schiff hatte eine Verdrängung von 970 Tonnen, eine Besatzung von etwa 125 Mann und trug 8 Geschütze. Zur Bewaffnung zählten 8 × 5-inch 38cwt BL-Geschütze, 1 leichtes Geschütz sowie 8 Repetier-Geschütze. Vor und nach ihrem Dienst im Sudan war sie in Sierra Leone und an der Westküste Afrikas im Einsatz und einige ihrer Besatzungsmitglieder gewannen die Ost- und Westafrika-Medaille. Später wurde sie ein Bergungsschiff als Teil der Royal Fleet Auxiliary.

Die HMS Racer

HMS STARLING (Gunboat / Banterer-Klasse / 1882)

HMS Starling war ein 4-Kanonen-Schrauben-Kanonenboot mit einer Länge von 125 Fuß und 60 Mann an Besatzung. Sie wurde 1882 vom Stapel gelassen, verdrängte 465 Tonnen und war mit zwei 64-pdr RML und zwei 20-pdr RML-Geschützen bewaffnet. Sie war eines von elf Kanonenbooten der Banterer-Klasse, die zwischen 1880 und 1882 für die Royal Navy gebaut wurden.

HMS GANNET (Gunsloop / Osprey-Klasse / 1876)

Die HMS Gannet werde ich in einem separaten Bericht vorstellen, da dieses Schiff tatsächlich auch heute noch existiert und ich es während eines Urlaubes in England besuchen konnte.

Ereignisse

Nach vielen erfolglosen Versuchen der ägyptischen Armee den seit 1882 im Sudan sich immer weiter ausbreitenden Mahdi-Aufstand niederzuschlagen, entsandte die britische Regierung zum Schutz der britischen Bürger das Kanonenboot HMS Ranger von Aden nach Suakin, die wichtigste Hafenstadt des damaligen Sudan. Am 16. November 1883 traf die Ranger in der Bucht vor der Stadt ein und ging dort neben dem Dammweg vom Festland zur Insel-Altstadt vor Anker, um diesen zu sichern. Vor den Verteidigungsanlagen der Stadt sammelten sich nun immer wieder feindliche Einheimische, kampfbereiter Krieger der Beja und Anhänger des Mahdi. Die Ranger feuerte daraufhin alle 15 Minuten Granaten in Richtung der feindlichen Gruppen, so dass diese, überrascht von der enormen Reichweite der Geschütze, sich ins Landesinnere zurückzogen.

Von der Plattform am Masttopp werden Feindbewegungen beobachtet und an die Postion an die Geschützbedienungen signalisiert…

Vorderlager unter Deck werden abgefeuert.

Ende November reichte die HMS Woodlark von Aden kommend den Hafen und nur wenig später traf zusätzlich die HMS Coquette aus Suez kommend in Suakin ein. Die Schiffe feuern mit ihren weitreichenden Geschützen in den nächsten Wochen häufig auf sich nähernde feindliche Einheimische, Anhänger des Mahdi, um diese von der Stadt fernzuhalten. Kurz bevor eine weitere Armee ägyptischer Truppen unter dem Kommando von General Baker gegen die Aufständischen eingesetzt wurde, erreichte von Indien kommend am 16. Dezember 1883 die HMS Euryalus mit Konteradmiral Sir William Hewett den Hafen von Suakin. Wenig später traf auch noch die HMS Sphinx ein, so dass kurz vor Weihnachten am 23. Dezember fünf britische und auch noch die beiden ägyptischen Kriegsschiffen Gafferiah und Tor in der Bucht von Suakin vor Anker lagen.

Von den Schiffen im Hafen werden die feindlichen Anhänger des Mahdi beschossen.

Die Woodlark und Ranger wurden rechts und links des Dammweges positioniert, um diesen vor Angriffen zu sichern, während die anderen Schiffe, darunter auch ein italienisches Torpedo-Boot in der Einfahrt zur Bucht lagen. In den nächsten Tagen patrouillierten die Sphinx, das schnellste Schiff der kleine Flotte und die Coquette an der Küste zwischen Suakin und Massowah. Immer wieder feuerten die Geschütze der im Hafen liegenden Schiffe, um kleine Angriffe der Mahdisten abzuwehren.

Ägptische Truppen werden bei Trinkitat ausgeschifft.

Nach einer erneuten vernichtenden Niederlage der ägyptischen Armee in der ersten Schlacht bei El Teb, wurde die Stadt Suakin am 10. Februar 1884 zum britischen Protektorat und Admiral Hewett zum zivilen und militärischen Gouverneur ernannt. Zwei Tage später, am 12. Februar, erreicht die HMS Carysfort mit 800 Marine-Soldaten Suakin. Als feindlichen Mahdisten mit den bei El Teb erbeuteten Waffen vor der Stadt auftauchten, wurden am 14. Februar 250 Seeleute der britischen Schiffe unter dem Kommando von Kapitän Stewart an Land gebracht und besetzten die Verteidigungsanlagen rund um die Stadt. Die Männer der Euryalus-Abteilung standen dabei unter dem Kommando von Leutnant Walter Graham. Sie richteten sich am Rand der Stadt in einem Lager ein, welches Fort Euryalus getauft wurde. Auch die Männer der HMS Caryfort bauten ein solches Fort und gaben auch diesem den Namen ihres Schiffes. Beide Forts waren durch einen Erdwall und Graben miteinander verbunden. Außerdem patrouillierten bemannte und bewaffnete Beiboote der Euryalus im Hafen. Am 18. Februar erreichten endlich die ersten britische Infanterie-Truppen Suakin.

Eine Naval Brigade wurde aus den Seeleuten der britischen Kanonenboote zusammengestellt, an Land gebracht und besetzte dort das Fort Euryalus und Caryfort.

Schlacht bei El Teb

Konteradmiral Hewett segelte von Suakin nach Norden und landete eine Brigade von 150 Seeleuten von der Euryalus, Carysfort, Ranger, Sphinx und Coquette und 380 Mann der Royal Marines Light Infantry und der Royal Marine Artillerie, um dort das dortige Fort an Küste bei El Teb zu halten. Zu dieser Naval Brigade gehörten auch 3 Gatling und 3 Gardener-Repetiergeschütze. Die Royal Mariens und die Royal Marine Artillerie standen unter dem Kommando von Colonel H.B. Tuson, die 150 Seeleute, die Bedienungsmannschaft der 6 Repetiergeschütze, stand unter dem Befehl von Commander E.N. Rolfe. In Rolfes Stab befinden sich sein Stellvertreter Leutnant Graham, sein Adjutant Leutnant Montresor und sein ADC Midshipman E.M. Hewett.

Britische Truppen werden unter dem Schutz der HMS Carysfort bei Trinkitat an Land gebracht.

Die gleiche Szene von der Seeseite aus gesehen. In der Bildmitte der Dampfer HMS Sphinx, rechts daneben die HMS Carysfort.

Bald traf eine größere britische Streitmacht auf dem Seeweg aus Port Said und Indien ein. Neben den zahlreichen, nun vor der Küste einlaufenden Transportschiffen, stießen auch weitere britische Kriegsschiffe wie die HMS Dryard, die HMS Briton und die HMS Hecla zur britischen Flotte, die sich hier bei einer unbedeutenden Landestelle mit Namen Trinkitat sammelte. Unter der Führung von General Graham marschierte am 29. Februar 1884 eine 3.900 Mann starke Kolonne, darunter die Marinebrigade von etwa 600 Mann vom nahegelegenen Hafen von Trinkitat ins Landesinnere. Der Vormarsch wurde in einer großen Karree-Formation vorgenommen, wobei die beiden vorderen Ecken des Karees von der Repetiergeschützen der Naval Brigade besetzt wurden, 2 Gatlings und 1 Gardner links, sowie 1 Gatling und 2 Gardner auf der rechten Seite. Die Protzen und Geschütze wurden von je 10 Matrosen der Naval Brigade gezogen.

Um 10 Uhr machte man die ersten Verschanzungen des Feindes aus und es wurde Signal an die HMS Sphinx gegeben, die bei Trinkitat vor Anker lag. Das Schiff feuerte 4 Schuss aus seinen 6-inch Kanonen. Das Ziel lag jedoch deutlich außerhalb der Reichweite und die Geschosse schlugen rund 1 Kilometer vor dem Feind in den Boden.

Die HMS Sphinx feuert zur Unterstützung der Britischen Truppen.

Nachdem der Feind das Feuer eröffnet hatte, gingen die Repetiergeschütze und die 7-Pfünder der Royal Marine Artillerie in Stellung und erwiderten das Feuer. Nachdem die feindlichen Krupp Geschütze zum Schweigen gebracht und die Bedienungsmannschaft geflohen waren, wurde der Vormarsch fortgesetzt. Nach zahlreichen Angriffen der Araber, von denen viele vergeblich starben, als sie die Repetiergewehre und die britischen Karrees bestürmten, nahmen die Briten die Stadt Tokar ein und vertrieben die verbliebenen Aufständischen. Die Verluste der Carysforts waren gering, nur ein Offizier und zwei Männer wurden verwundet, aber der beliebte Offizier, Leutnant Frank Royds, starb später an seinen Verletzungen. Getötet wurde außerdem Samuel Marston von der HMS Dryard und John Beard von der HMS Briton. Verwundet wurden James Murray, Jerimiah Sullivan, William Bethill, Frank Glanville und Alexander Grieve von der HMS Euryalus, Thomas Tolman von der HMS Hecla, James C. Tickell von der HMS Briton sowie Thomas Maddox von der HMS Dryard.

Captain Wilson von der HMS Hecla und im Stab von Konteradmiral Sir William Hewett tätig, zeichnete sich während der Schlacht aus und verdiente sich so ein Victoria Kreuz. Nachdem der Kommandeur Lt. Royds gefallen war, nahm Captain Arthur Wilson seinen Platz ein und verteidigte ein vom Feind überranntes Repetiergeschütz. Auch als sein Schwert zerbrach, teilte er weiter Hiebe mit dem Heft und seinen Fäusten aus, bis die Besatzung das Geschütz wieder bemannen konnte.

Schlacht von Tamai

Die Truppe begab sich wieder an Bord ihrer Schiffe und bewegte sich entlang der Küste nach Suakin, um dort wieder auszubooten, um landeinwärts nach Sinkat zu marschieren. Sie wurden am 12. März 1884 in Khor Ghob von einer riesigen Armee der Ansari aufgehalten und schlugen ein Nachtlager auf. Während der Dunkelheit schlich sich Commander Rolfe von Euryalus, durch die feindlichen Linien, um Informationen zu sammeln. Diese Information ermöglichte es General Graham, am Morgen bei Tamai einen neuen Angriff gegen die Mahdisten zu starten. In diesem Kampf auf einem Gelände, das durch ein Trockental geteilt war, wurden die beiden britischen Karrees getrennt und teilweise gab es Einbrüche des Feindes in die Formation. Die Truppe sammelte sich wieder, aber die Marinebrigade rückte mit ihren Repetiergeschützen vor die Front und wurde bei einem Gegenangriff zeitweise von der restlichen Armee und ihrer Munition abgeschnitten, wobei drei Offiziere und sieben „Blue Jackets“ (einer von Euryalus) getötet wurden.

Die britischen Truppen gruppierten sich jedoch neu und überquerten, angeführt von den Royal Marines, das Trockental. Etwa 2.000 Beja und 109 Briten wurden getötet. Unter den Gefallenen war auch Leutnant Montresor von Euryalus, dessen Denkmal sich heute in der St. Ann‘s Church in Portsmouth befindet. Die Midshipmen Edward Tyndale Briscoe und Edward Hewett von der Euryalus wurden später dafür geehrt, dass sie nach dem Tod ihrer Offiziere das Kommando übernahmen. Im April begab sich die Euryalus zu einer Mission in den benachbarten Hafen Massawa.

Suakin 1884

Nach den Schlachten von El Teb und Tamai lagen zum Schutz von Suakin die HMS Euryalus, die HMS Sphinx, die HMS Woodlark, die HMS Ranger sowie ein italienisches Torpedo-Boot in der Bucht vor Anker. Die Woodlark und die Ranger ankerten rechts und links des Dammweges, um diesen mit ihren Geschützen zu sichern. Die drei anderen Schiffe lagen in der Einfahrt der Bucht.

Der Kriegsberichterstatter Melton Prior skizziert und beschreibt hier, wie der Dammweg zwischen Altstast-Insel und Festland durch die Royal Navy verteidigt wird.

Die Carysfort blieb noch bis November 1884 in der Gegend. Während dieser Zeit war auch dieses Schiff zeitweise selbst im Kampf-Einsatz, feuerte Granaten über die Hafenverteidigung hinweg auf feindliche Gruppen, die sich zu nahe an den Befestigungsanlagen versammelten, und war auch an Operationen vor Trinkitat beteiligt. Das Leben in Suakin war für die Mannschaft keineswegs angenehm oder leicht. Vor allem die Hitze war anstrengend und so bekam die Carysfort und ihre Besatzung Mitte März eine Atempause. Das Schiff segelte nach Malta und verblieb dort und vor der ägyptischen Küste bis zum 5. August 1884. Zurück in Suakin übernahm das Schiff wieder die Aufgabe Truppen an Land zu schaffen und die Umgebung der Stadt vor feindlichen Angriffen zu schützen. Zusammen mit der HMS Albacore wurden häufig feindliche Konzentrationen in der Nähe beschossen. Die HMS Carysfort blieb bis zum 11. November 1884 in der Bucht von Suakin vor Anker und erlitt in dieser Zeit immer mehr Opfer durch Hitze und Beschwerden wie Augenschmerzen, die durch Sand und Staub verursacht wurden. Am 23. August standen 37 Männer auf der Krankenliste, also einer von sieben Männern der Mannschaft.

Auch Ägyptische Kriegsschiffe, wie die hier abgebildte (von links nach rechts) Gafferira, Negileh und Tor (im Hintergrund die Euryalus) sind im Sudan im Einsatz.

Suakin 1885

Nach dem Debakel der Gordon-Hilfsexpedition im Winter 1884 beschloss die britische Regierung, Suakin erneut mit einer britischen Streitmacht zu besetzen. Man hatte die Absicht, eine Bahnverbindung vom Hafen nach Berber am Nil zu bauen, um den Transport von Truppen nach Khartum zu erleichtern. Die HMS Carysfort wurde erneut von Malta abberufen und kam am 1. März 1885 als Teil der neuen britischen Streitmacht in Begleitung der schon bekannten HMS Sphinx und HMS Coquette sowie der neu eingesetzten HMS Condor, HMS Cygnet, HMS Dolphin und der HMS Starling in Suakin an.

Britische Truppen beschießen Angreifer vom Wall zwischen den Forts Euryalus und Caryfort. Im Hintergrund ist der Lichtkegel eines elektrischen Suchscheinwerfers zu sehen.

Vor allem die HMS Dolphin wurde mit ihrem starken, elektrisch betriebenen Suchscheinwerfer häufig zum Schutz des riesigen Lagers der britischen Armee eingesetzt. Am 8. März feuert die Dolphin das erste Mal mit ihren weitreichenden Geschützen auf feindliche Gruppen der Beja und signalisiert damit den Beginn der Kämpfe der Kampagne von 1885.

Der Suchscheinwerfer der HMS ALBACORE leuchtet das Ufer ab.

Schlacht von Tofrek

Am 22. März 1885 kam es etwa 5 Meilen landeinwärts vom Hafen von Suakin zu einem schweren Gefecht mit den Mahdisten. Ein Kontingent von etwa 3.000 Soldaten der britischen und indischen „Suakin Field Force“ unter der Führung von Generalmajor Sir John Carstairs McNeill wurden beim Bau eines Zabrias (ein befestigtes Lager) von einer feindlichen Streitmacht unter der Führung von Osman Digna angegriffen. Die Mahdisten wurden besiegt und verloren etwa 1.000 ihrer 2.000 Kämpfer, während die britischen Truppen Verluste von 70 Toten und 100 Verletzten hatten. Ein kleiner Trupp der Carysfort von 12 Mann mit einem Repetiergeschütz kämpfte in diesem als „Schlacht von Tofrek“ bekannten Gefecht und auch die Royal Marines waren hier im Einsatz. Die Naval Briagde verlor bei dieser Schlacht Leutnant M. H. Seymour und sechs weitere Männer, zudem wurden der Arzt M. Digan und 5 weitere Männer verwundet. Von den Royal Marines wurden ein Sergeant und 7 Männer getötet und 16 verwundet.

Die Naval Brigade auf dem Weg zum Zariba.

Nach den ersten Kämpfen wurde es im Hafen von Suakin deutlich ruhiger. Die meiste Zeit verrichteten Schiff und Mannschaft eine Reihe alltäglicher Aufgaben wie das Kondensieren von Meerwasser, Training von Landungstrupps sowie das Ausbessern Reparieren und Reinigen von Schiff und Material. Schon im Juni wird die Coquette nach Port Said verlegt. Am 7. August 1885 konnte auch die Carysfort die eintönige Gegend von Suakin endgültig verlassen und kehrte nach Malta zurück. Der Hafen wurde schließlich im April 1886 aufgegeben, da man entschieden hatte, die militärischen Aktionen im Sudan nicht weiter fortzusetzen. Erst im Jahr 1896, während des Dongola-Feldzugs wurde Suakin wieder mit britischen Truppen besetzt.

Suakin ab 1886

Ab 1886 wurde alle britischen Truppen durch Einheiten der ägyptischen Armee ersetzt und nur zwei britische Kriegsschiffe, darunter die HMS Dolphin, verblieben im Hafen sowie der britische General-Gouverneur Kitchener, der mit einigen Soldaten und drei von den Navy auf seinem Hausdach in Stellung gebrachten Gatlings in der Altstadt residierte. Anfang 1888 war die HMS Dolphin erneut im Einsatz vor Suakin, bis sie im Februar von der HMS Gannet abgelöst wurde.

Während der Belagerung von Suakin im Jahr 1888 brachte die Marinebrigade der HMS „Starling“ ein 64-Pfünder-Geschütz links von Fort Gemaizeh unter schwerem Feuer von den feindlichen Linien in Stellung.

Am 20. Dezember 1888 besiegte Francis Grenfell mit Hilfe der ägyptischen Armee die Mahdi-Truppen in der Nähe von Suakin, einem der wichtigsten Häfen des Sudan. Nach eineinhalbstündigen Kämpfen gab es 12 Mann an Verlusten auf Seiten der Briten und Ägypter und 1.000 auf Seiten der Mahdisten. Diese Kampfhandlung wird auch die „Schlacht von Gemaizah“ genannt. Neben den Infanterie-Truppen war auch die HMS Racer, die HMS Starling und die HMS Gannet im Einsatz, welche die Schützengräben und Brunnen des Feindes beschossen. Am 15. Oktober löste die HMS Starling die Gannet ab. Obwohl Osman Dignas Rebellentruppen erst im Dezember 1888 besiegt wurden, wurde die Belagerung aufgehoben und damit auch die unmittelbare Bedrohung für Suakin.

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