Ich hatte schon einige Berichte zum Bowington Tank Museum veröffentlicht, jedoch fehlte bisher ein wichtiges Kapitel, dass noch unbedingt erzählt werden muss.In den folgenden Zeilen soll es um die berühmte Tiger Collection des englischen Museums gehen.


Der Tiger Panzer und seine Varianten gehören mit Sicherheit zu den bekanntesten Panzertypen des 2. Weltkrieges, was zum einen den Eigenschaften, aber vor allem einer Art Mythenbildung bei Freund und Feind zuzuschreiben ist.



Mit einem Gewicht von 57 Tonnen, einer Panzerung von bis zu 110 Millimetern und der 8,8-Zentimeter-Präzisionskanone war der Tiger I auf dem Papier allen sowjetischen, amerikanischen und britischen Typen überlegen. Aber die komplizierte, nie ausgereifte Konstruktion sorgte dafür, dass der Kampfwagen häufiger wegen technischer Probleme liegen blieb, als dass er durch Beschuss ausgeschaltet wurde. Weitere Probleme waren der hohe Kraftstoffverbrauch und die niedrige Geschwindigkeit. Auch waren nur wenige Brücken dem Gewicht des Panzers gewachsen. Trotz dieser Schwächen war er vom Gegner aufgrund seiner Panzerung und Feuerkraft gefürchtet. Um die Produktion des Tiger I stritten die beiden führenden deutschen Hersteller Porsche und Henschel, wobei Henschel schließlich den Zuschlag erhielt. Im August 1942 lief die Produktion bei Henschel in Kassel-Mittelfeld an und bis Kriegsende wurde 1.350 Exemplare des Tiger I gefertigt.

Die gebauten Stückzahlen aller Panzerwagen der Tiger-„Familie“, also der Tiger I, Tiger II, Jagdtiger, Ferdinand bzw. Elefant und Sturmtiger machten nur 7 % der deutschen Panzerproduktion im 2. Weltkrieg aus.

Tiger I
Dieser Tiger mit der Nummer 131 ist ein deutscher Panzer des Typs Tiger I, der während des Zweiten Weltkriegs vom britischen 48. Royal Tank Regiment in Tunesien erbeutet wurde.

Den Alliierten war dieser Panzertyp als Tiger I bekannt, die deutsche Modellbezeichnung lautete Panzerkampfwagen VI, Tiger I (H1), Sd.Kfz. 181. Der Panzer wurde in Kassel gebaut, wobei der Rumpf von Henschel gefertigt und der Turm von Wegmann hergestellt wurde. Der Panzer wurde im Januar oder Februar 1943 mit der Fahrgestellnummer 250122 fertiggestellt. Man verschiffte den Tiger 1313 zwischen dem 12. März und dem 16. April 1943 nach Tunesien, wo er dem 3. Zug der 1. Kompanie der Schwere Panzer-Abteilung 504 zugewiesen wurde.

In dem Wissen, dass die Alliierten einen großen Vorstoß nach Tunis vorbereiteten, starteten die Deutschen in der Nacht vom 20. auf den 21. April 1943 einen Angriff. Vier Punkte wurden gleichzeitig angesteuert, darunter ein Pass auf der Nordseite eines Hügels namens Djebel Djaffa. Zwei Tiger und mehrere andere deutsche Panzer rückten vor Tagesanbruch durch diesen Pass und wurden aber im Laufe des Tages allmählich zurückgetrieben. Tiger 131 wurde dabei von drei Granaten aus britischen Churchill-Panzern der A Squadron, Troop 4 des 48. Royal Tank Regiment getroffen.

Ein Schuss traf das Geschützrohr des Tigers und prallte in seinen Turmring ab, blockierte seine Traverse, verwundete den Fahrer sowie den Frontschützen und zerstörte das Radio. Eine zweite Granate deaktivierte die Hebevorrichtung der Waffe. Ein dritter Treffer traf die Luke des Ladeschützen und sprengte Fragmente in den Turm. Die Besatzung stieg aus, nahm ihre Verwundeten mit und ließ den angeschlagenen, aber immer noch fahrbaren und weitgehend intakten Panzer zurück.

Schließlich sicherten die Briten den Panzer, als sie den Hügel Djebel Djaffa eroberten. Tiger 131 war der erste intakte Tigerpanzer, der von britischen Streitkräften erbeutet wurde.


Dieser Tiger 131 ist derzeit der letzte nach fahrbereite Tiger I und wurde in dem Spielfilm „Fury“ von 2014 verwendet, das erste Mal seit den 50er Jahren, dass ein echter Tiger in einem Spielfilm auftauchte.

Elefant
Die erste Version dieses schweren deutschen Panzerjägers (Panzerjäger Tiger (p) Sd.Kfz.184) aus dem Zweiten Weltkrieg hieß nach seinem Designer Ferdinand Porsche „Ferdinand“, später erhielt die verbesserte Version mit einem am Rumpf montierten Maschinengewehr den Namen „Elefant“. Das Modell Ferdinand war eine Art Resteverwertung aus der vorschnell von Porsche beauftragten Produktion des „Tiger I“, die, wie oben erwähnt, von der Firma Henschel durchgeführt wurde. Bei diesem Panzerjäger trieben zwei Maybach HL 120 je einen Generator an und über einen Kraftwandler wiederrum je einen Elektromotor. Der 65 Tonnen schwere Panzer war mit einer 8,8-cm-Kanone ausgestattet.

Der in der Ausstellung gezeigte Panzerjäger war also zunächst ein „Ferdinand“ mit der taktischen Nr. 511, welcher in der Schlacht von Kursk seine Feuertaufe erlebte. Als Offensivwaffe war der Panzerjäger aufgrund seiner schlechten Nahverteidigungsmöglichkeiten aber kaum einsetzbar, als Defensivwaffe war der Gefechtswert dagegen sehr hoch. In der Schlacht von Kursk konnte ein einzelnes Geschütz an einem Vormittag 22 gegnerische Panzer zerstören, die sich aufgrund der großen Entfernung eigentlich in Sicherheit wähnten.

Nach der Schlacht von Kursk verblieben nur 50 Exemplare des Panzerjägers Ferdinand, von denen 48 zum Modell „Elefant“ umgerüstet wurden. Der Elefant in der Ausstellung erhielt die taktische Nr. 102 und wurde schließlich im Mai 1944 in Italien von den US-Streitkräften erbeutet. Die Fahrgestellnummer lautet 150040.


Der Elefant 102 wurde 2006 außen renoviert und der in Italien gebräuchliche Tarnanstrich wiederhergestellt. Von Dezember 2016 bis Januar 2019 war er als Leihgabe im Tank Museum Bovington zu sehen, wo auch ich diese Fotos gemacht habe.
Tiger II
Der Tiger II war keine Weiterentwicklung des Tiger I, sondern eine Neukonstruktion auf Wunsch von Adolf Hitler, der im Frühjahr 1942 befahl, dass für das neue massive 8.8 cm KWK 43 L/71 Geschütz ein Panzer konstruiert werden sollte. Wieder kämpften Porsche und Henschel um den Zuschlag für die Produktion und wieder gewann Henschel den Auftrag. Die bereits vom siegessichern Porsche gefertigten 50 Panzertürme mit abgerundeter Front wurden in den ersten Henschel-Tigern verbaut, da die Türme dieses Herstellers (mit eckiger Front) noch nicht fertiggestellt waren.



Der Tiger II oder Königstiger wurde 1944 zum ersten Mal während des Feldzugs in der Normandie eingesetzt und war zu dieser Zeit der mächtigste Panzer auf dem Schlachtfeld. Der Tiger II wurde in einer Stückzahl von 489 Exemplaren zwischen Januar 1944 und März 1945 im Henschel-Montagewerk hergestellt.

Das Museum Bowington hat sogar beide Varianten des Tiger II in seiner Sammlung. Der Tiger II aus der Vorproduktion, also mit dem Porsche-Panzerturm, wurde am Kriegende von der britischen Armee erbeutet.



Der zweite Tiger II des Museums Bowington wurde im Juli 1944 von Henschel gebaut und erhielt die Fahrgestellnummer 280093 sowie die taktische Nummer 101.



Der Panzer gehörte zum XX Panzer Bataillon und wurde von Oberscharführer Sepp Franzl kommandiert. Der Panzer wurde am 29. oder 30. August von seiner Besatzung aufgegeben, höchstwahrscheinlich in Aux Marais, einer Gemeinde am Stadtrand von Beauvais, etwa 24 km weiter nordöstlich von dieser. Es wird vermutet, dass dieser Panzer, möglicherweise nachdem er verlassen wurde, von einem Sherman abgeschossen wurde, der von Sergeant Roberts des 4 Troop, A Squadron, 23. Hussars kommandiert wurde. Die Spuren des Beschusses sind noch heute sichtbar.

Der Panzer kam schließlich 2006 vom Royal Military College in Shrivenham zum Panzermuseum Bowington.
Jagdtiger
Der Jagdtiger wurde entwickelt, um mit einer 12,8-cm-Kanone bewaffnet werden zu können. Sein Fahrgestell basiert auf dem Tiger II. Der Panzer kam schließlich auf ein Gesamtgewicht von 72 Tonnen mit einer massiven Panzerung von bis zu 25 cm. Als der Jagdtiger im Herbst 1944 in die Serienproduktion ging, konnte er die Panzerung eines M4 Sherman auf über drei Kilometer Entfernung in jedem beliebigen Winkel durchschlagen.


Aber wieder hatte er durch sein Gewicht und die Größe enorme Schwierigkeiten im Gelände. Zudem war die Feuerrate sehr gering und der Treibstoffverbrauch viel zu hoch. Ein Tankinhalt von 865 Litern reichte im Gelände nur für eine Strecke von 120 Kilometern. Insgesamt wurden von Anfang 1944 bis zum Kriegsende nur 88 Jagdtiger hergestellt.



Der Jagdtiger des Museums Bowington wurde 1945 von amerikanischen Streitkräften erbeutet und als Testfahrzeug im Testgebiet Haustenbeck eingesetzt. Es war mit Zimmerit beschichtet – einer speziellen Paste, die verhinderte, dass magnetische Ladungen am Rumpf haften blieben.

Sturmtiger
Ein 38-cm-Sturmmörser Tiger, welcher Raketensprengsätze verschoss, fehlt leider in der Ausstellung im Bowington Museum. Wer ein Exemplar sehen möchte, kann dies im deutschen Panzermuseum in Munster nachholen.



In Panzermuseum Munster stehen außerdem ein Tiger I – Nachbau aus glasfaserverstärkter Kunststoff (früher ein Original als Leihgabe) sowie ein Tiger II.

Fotos vom Original Tiger I:




