Omaha Beach – WN 72

An der normannischen Cote-de-Nacre, der Perlmutt-Küste, liegt der 6 Kilometer lange Plage d’Or, der Gold-Strand, besser unter dem Namen Omaha Beach bekannt. Die Steilküste hinter dem Strand hat zwar eine Höhe von 29 bis 61 Meter, kann aber über vier Geländeeinschnitte passiert werden. Hier liegen auch vier Straßen, die vom Strand zu den dahinterliegenden Ortschaften Vierville-sur-Mer, St. Laurent-sur-Mer und Colleville-sur-Mer führen. Vom Einschnitt bei Vierville bis zum dritten Einschnitt mit Namen Le Ruquet verlief eine lange Promenade, denn der Strand war schon um 1900 ein beliebtes Strandbad mit Hotels und großen Villen, was vor allem einer Kleinbahn zu verdanken war, welche Touristen von Bayeux bis an die Küste brachte. Von Vierville aus hatte man durch das Aufschütten und Befestigen des Kiesstreifens eine 600 Meter lange Straße gebaut. Oberhalb der Promenade zog sich eine Reihe von Strandvillen entlang der Steilküste.

Dieses Luftbild zeigt das Strandbad vor dem Krieg. Zentral liegt das Cafe „Eden Bellevue“, auf dessen Grundmauern später die große Kasematte errichtet wurde. Weiter oberhalb, am Ende der Kurve stand das Casino (niedriges Gebäude) und das Hotel Piprel (hohes Gebäude dahinter).
Ein weiteres altes Foto des Badeortes vor dem Krieg.
Die Promenade und die neuen Strandhäuser heute.

Dort wo die Straße von Vierville kommend einen Bogen beschrieb, war sie durch Buhnen aus Holzstämmen gesichert. Am Spülsaum zwischen Strand und Vorstrand hatte sich ein Abschnitt mit großen Kieselsteinen gebildet, gleich dahinter stieg der Strand zu einem Wall an. Bei Ebbe zeigt der Strand deutliche Barren und Priele, welche die starken Strömungsverhältnisse anzeigen.

Blick vom WN72 in Richtung Westen. Ganz links oben ist eine Geschützstellung des WN73 zu sehen.
Diese Bild, welches lange nach dem D-Day aufgenommen wurde, zeigt nicht nur die große Kasematte, sondern auch den Kiesstrand mit den hölzernen Buhnen (im Hintergrund ein Ponton der Mulberry-Hafenanlage)
Der Kiessaum mit den Kasematten am WN72 nach dem D-Day
Der Strand mit der Promenade (von den US-Streitkräften immer als „seawall“ bezeichnet) bei Ebbe heute. Die Fahnen stehen auf der großen Kasematte von WN72. Rechts die Rückseite des Doppelschartenstandes.
Und noch einmal die Promenade bei Flut.

Vor dem Einmarsch der Deutschen in Frankreich gab es am Strand von Vierville das Hotel Piprelund schräg dahinter das Hotel du Casino. Im Zuge der Befestigungsarbeiten wurden die Häuser an der Uferstraße abgerissen. Auch das Cafe „Eden Bellevue“ musste weichen, nur das Casino bzw. das Hotel Piprel und einige Häuser in der Vierville-Senke blieben als Unterkunft für die deutschen Soldaten stehen. Die Besatzung der Widerstandsnester wurden von Einheiten des 716. Infanterie-Division gestellt. Bei Vierville handelte es sich um die 11. Kompanie des 3. Bataillon, 726. Infanterie-Regiment. Das Widerstandsnest 72, welche die Straße nach Vierville sicherte, war die zentrale Stellung am westlichen Ende der Bucht des Omaha Strandes.

Auf dieser Luftaufnahme der Alliierten ist die Panzerabwehrmauer gut sichtbar.
WN72 nach dem Abzug der US-Truppen.

Besatzung

Die Besatzung des WN72 bestand vermutlich aus einem Zug der 11. Kompanie des Grenadier-Regiment 726.

Die ersten Gebäude entstehen langsam nach dem Krieg.

Bewaffnung

  • 1 x 8.8cm Pak 43/41 in einer R-677 Kasematte
  • 1 x 5cm KwK L/ 42 in einer SK/Doppelschartenstand-Kasematte
  • 1 x MG-34 in MG-Doppelschartenstand-Stand
  • 1 x MG.311 (f) in Tobruk Pz.T.FT17
  • 1 x 5cm Mörser in Feldposition
  • 3 x MG-34 in offener Feldposition
  • 2 x MG-34 in verstärkter Feldposition
  • 4 x Minenfeld

Bunker und Stellungen

(1) R-677 Kasematte

Die Kasematte heute
So sah die Kasematte nach dem D-Day aus. Die Mauer an der Seite der Kasematte sollte vor direktem Beschuss vom Meer her schützen.

In einer Regelbau-677 Kasematte stand eine 8.8cm Pak 43/41, die nach Osten ausgerichtet war.

Die Kasematte war auch auf dem Dach und an den Seiten mit Feldsteinmauern als ziviles Gebäude getarnt.

Die Kasematte hatte man auf dem abgerissenen Cafe Eden errichtet und nachträglich durch Anbauten als solches getarnt.

Auch auf diesem Foto sind einige der 5 Säulen zu sehen, die das alte Cafe simulieren sollten. Im Hintergrund die SK Doppelschartenstand-Kasematte.

Die Scharte der Kasematte kurz nach den Kämpfen.
Die Scharte heute.
Neben der R677 Kasematte ist auch der Doppelschartenstand im Hintergrund erkennbar.

Noch heute ist die Kasematte erhalten und ist nun Teil eines Denkmals für die US-Nationalgarde.

Pak 43/41

Bei der 8.8cm Pak 43/41 handelte es sich um das gleiche Modell, welches auch in der Kasematte in WN 61 aufgestellt war.

Die beiden Panzerabwehr-Geschütze mit einer Reichweite von je 15.000 Metern, die nach Westen und Osten ausgerichtet waren, beherrschten den kompletten Strand.

Noch heute steht die Pak in der Kasematte. Ein Blick in den Kampfraum zeigt, dass auch hier mehrere Granaten eingeschlagen sind.
Eine 8.8cm Pak 43/41 findet man auch vor dem Museum oberhalb des WN72.
Dieses alte Foto zeigt den Blick aus der Kasematte und das Rohr der Pak 43/41. Die Halterungen auf dem Rohr dienten zur Aufnahme eines MG-42. Feuerte man das MG auf ein Ziel, diente dies zur Führung des Hauptgeschützes.

(2) Panzerabwehrmauer

Von der Kasematte führte eine 30 Meter lange Panzerabwehrmauer quer über die Straße bis an die Steilküste. Nur durch einen kleinen Durchgang, durch die an dieser Stelle versetzte Mauer, erlaubte es den Soldaten das Hindernis zu passieren. Diese Mauer und eine Panzergrube davor sollten verhindern, dass feindliche Fahrzeuge die Straße nach Vierville erreichen konnten.

Die alten Fotos zeigen die Reste der Mauer an der Kasematte.
Unmittelbar dort, wo die Panzerabwehrmauer an die Kasematte grenzte gab es eine (7a) MG-Stellung.
Diese alte Luftaufnahme zeigt noch gut die Panzerabwehrmauer.

(3) SK Doppelschartenstand

Noch vor dem Bau der R677 Kasematte hatten die deutschen Truppen eine Sonderkonstruktion eines Doppelschartenstand (Bw. 968) für eine 5 cm KwK 38 L/42 errichtet.

Die östliche Scharte nach dem D-Day (auf dem Dach ein Sperr-Ballon).
Die östliche Scharte des Doppelschartenstandes ist noch heute erhalten.
Die westliche Scharte wird heute als Garage genutzt.

(3a) Unmittelbar östlich neben der Kasematte gab es am D-Day einen Typ Nr. 1694 Ringstand, in dem die 7,5 cm KwK vor Fertigstellung der Kasematte positioniert war.

(4) Tobruk 58c

Auf der Rückseite des Doppelschartenstandes gab es einen Anbau für einen Tobruk Bauform 58c mit einem Panzerturm. Der Panzerturm wurde in Richtung Seeseite durch eine Abwehrmauer geschützt.

Unter der Betonplatte ist noch der Ring zur Aufnahme des Panzerturms zu finden.

Bei dem Panzerturm handelte es sich vermutlich um einen französischen Renault FT-17. Eine Quelle lassen aber vermuten, dass der Panzerturm am D-Day noch nicht eingesetzt worden war.

Im Panzerturm befand sich eine schweres französisches 7,5 mm MG.311 (f), wie bei diesem Exemplar im Museum von Bayeux.

(5) MG Tobruk

Einige Ausarbeitungen und Bücher erwähnen einen MG-Tobruk auf halber Höhe des Steilhanges westlich der Senke. Neuere Bücher erwähnen diesen jedoch nicht.

(6) MG-Doppelschartenstand

Zur Sicherung der Straße nach Vierville gab es am oberen westlichen Rande der Klippe einen MG-Doppelscharten-Stand. Dieser lag fast genau gegenüber des MG-Doppelschartenstand von WN71.

(7) Offene Feldstellungen

Wie üblich, waren die betonierten Anlagen durch Laufgräben miteinander verbunden. Zusätzlich gab es vermutlich drei offene Stellungen für (7b) MG-34 und ein offene Stellung am Rand der oberen westlichen Klippe für einen (7c) 5cm Mörser.

Foto der 5cm Mörser – Stellung kurz nach dem D-Day.

Mulberry

Nach dem D-Day wurden auch am Omaha Beach künstliche Häfen, die Mulberrys eingerichtet. Noch heute ist ein Ponton dieser Anlage Teil des Piers vor dem ehemaligen WN72.

Denkmäler

116th Regimental Combat Team Memorial
Royal Air Force Memorial
Gedenktafel zu Ehren des 5th Ranger Battalion
National Guard Monument
Denkmal der 29. US Division
WN72 aus der Sicht eines US-Landungsbootes.

7 Kommentare zu „Omaha Beach – WN 72“

  1. Schon mal überlegt, als deutschsprachiger Guide zu gehen, weil bei soviel Wissen über den D-Day, würde das sich ja anbieten :-), auf jeden Fall wieder ein sehr interessanter Bericht, man erfährt immer wieder was Neues, was man noch nicht wusste, bzw. kannte!

    Gruss

    Heinz

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  2. Hallo
    Bin nach etwas Sucherei auf dieser Webseite gelandet und habe eine Frage. Mein Vater hat entweder im WN72 oder dahinter in Doppelschartenstand gekämpft. Erst war er in Bayer dann ist er nach Vierville versetzt worden. Er ist am D-day gefangen genommen worden und zur Entnazifizierung nach America verschifft worden. Leider ist mein Vater schon sehr lange Tot, er ist noch einmal nach Vierville gefahren. Ich bin schon oft dort gewesen, der damalige Ort des Grauens ist ein schöner Urlaubsort geworden. Ich frage mich ob es noch Aufzeichnungen gibt mit wen er dort am D-day im Bunker war-das würde mich sehr interessieren-kann da jemand helfen? Habe schon Informationen aus Berlin erhalten in welcher Einheit er war, leider gab es sonst keine Details.
    Ich kann mich erinnern das mein Vater erwähnt hat beim Angriff kein passende Munition für eine Kanone tschechischer Bauart verfügbar war, leider habe ich nie Fragen gestellt. Mein Vater war damals 19 Jahre alt.
    Gruss
    Gary Wieczorek

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    1. Das wird nicht leicht werden, da jemanden zu finden, vielleicht machst du mal hier eine Anfrage http://www.von-keusgen.de eventuell kann man dir da weiterhelfen, weil wenn wer Erfahrung und Material hat rund um das Thema D-Day dann von Keusgen und fragen kostet ja nichts…

      Gruss

      Heinz

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  3. Hallo Gary,
    leider kann ich auch keine weiteren Details zu WN 72 liefern. Namentlich ist mir nur die Besatzung des WN 62 bekannt und dies nur aus dem Grund, dass einige ehemalige deutsche Soldaten Berichte und Fotos veröffentlicht haben. Soweit mir bekannt ist, gibt es keine offiziellen Aufzeichnungen zu den Namen der deutschen Soldaten vor Ort. Der von Heinz erwähnte Helmut Konrad von Keusgen ist sicher eine gute Anlaufadresse, da er viele deutsche Veteranen befragt hat und sicher nicht alle Aussagen veröffentlicht wurden.
    Die von dir erwähnte tschechische Kanone könnte mit der Erwähnung eines Geschützes im benachbarten WN 71 zusammenhängen. Die Kanone ist auch im Detailplan von Georges Bernage im Buch „Omaha Beach“ eingezeichnet. In anderen Berichten wir sie nicht aufgelistet, vielleicht weil sie, wie du schreibst, aufgrund von Munitionsmangel gar nicht einsatzbereit war.
    Viele Grüße
    Frank

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