An der normannischen Cote-de-Nacre, der Perlmutt-Küste, liegt der 6 Kilometer lange Plage d’Or, der Gold-Strand, besser unter dem Namen Omaha Beach bekannt. Die Steilküste hinter dem Strand hat zwar eine Höhe von 29 bis 61 Meter, kann aber über vier Geländeeinschnitte passiert werden. Hier liegen auch vier Straßen, die vom Strand zu den dahinterliegenden Ortschaften Vierville-sur-Mer, St. Laurent-sur-Mer und Colleville-sur-Mer führen. Vom Einschnitt bei Vierville bis zum dritten Einschnitt mit Namen Le Ruquet verlief eine lange Promenade, denn der Strand war schon um 1900 ein beliebtes Strandbad mit Hotels und großen Villen, was vor allem einer Kleinbahn zu verdanken war, welche Touristen von Bayeux bis an die Küste brachte. Von Vierville aus hatte man durch das Aufschütten und Befestigen des Kiesstreifens eine 600 Meter lange Straße gebaut. Oberhalb der Promenade zog sich eine Reihe von Strandvillen entlang der Steilküste.



Dort wo die Straße von Vierville kommend einen Bogen beschrieb, war sie durch Buhnen aus Holzstämmen gesichert. Am Spülsaum zwischen Strand und Vorstrand hatte sich ein Abschnitt mit großen Kieselsteinen gebildet, gleich dahinter stieg der Strand zu einem Wall an. Bei Ebbe zeigt der Strand deutliche Barren und Priele, welche die starken Strömungsverhältnisse anzeigen.





Vor dem Einmarsch der Deutschen in Frankreich gab es am Strand von Vierville das Hotel Piprelund schräg dahinter das Hotel du Casino. Im Zuge der Befestigungsarbeiten wurden die Häuser an der Uferstraße abgerissen. Auch das Cafe „Eden Bellevue“ musste weichen, nur das Casino bzw. das Hotel Piprel und einige Häuser in der Vierville-Senke blieben als Unterkunft für die deutschen Soldaten stehen. Die Besatzung der Widerstandsnester wurden von Einheiten des 716. Infanterie-Division gestellt. Bei Vierville handelte es sich um die 11. Kompanie des 3. Bataillon, 726. Infanterie-Regiment. Das Widerstandsnest 72, welche die Straße nach Vierville sicherte, war die zentrale Stellung am westlichen Ende der Bucht des Omaha Strandes.


Besatzung
Die Besatzung des WN72 bestand vermutlich aus einem Zug der 11. Kompanie des Grenadier-Regiment 726.

Bewaffnung
- 1 x 8.8cm Pak 43/41 in einer R-677 Kasematte
- 1 x 5cm KwK L/ 42 in einer SK/Doppelschartenstand-Kasematte
- 1 x MG-34 in MG-Doppelschartenstand-Stand
- 1 x MG.311 (f) in Tobruk Pz.T.FT17
- 1 x 5cm Mörser in Feldposition
- 3 x MG-34 in offener Feldposition
- 2 x MG-34 in verstärkter Feldposition
- 4 x Minenfeld


Bunker und Stellungen
(1) R-677 Kasematte


In einer Regelbau-677 Kasematte stand eine 8.8cm Pak 43/41, die nach Osten ausgerichtet war.


Die Kasematte hatte man auf dem abgerissenen Cafe Eden errichtet und nachträglich durch Anbauten als solches getarnt.

Auch auf diesem Foto sind einige der 5 Säulen zu sehen, die das alte Cafe simulieren sollten. Im Hintergrund die SK Doppelschartenstand-Kasematte.





Noch heute ist die Kasematte erhalten und ist nun Teil eines Denkmals für die US-Nationalgarde.

Pak 43/41
Bei der 8.8cm Pak 43/41 handelte es sich um das gleiche Modell, welches auch in der Kasematte in WN 61 aufgestellt war.

Die beiden Panzerabwehr-Geschütze mit einer Reichweite von je 15.000 Metern, die nach Westen und Osten ausgerichtet waren, beherrschten den kompletten Strand.






(2) Panzerabwehrmauer
Von der Kasematte führte eine 30 Meter lange Panzerabwehrmauer quer über die Straße bis an die Steilküste. Nur durch einen kleinen Durchgang, durch die an dieser Stelle versetzte Mauer, erlaubte es den Soldaten das Hindernis zu passieren. Diese Mauer und eine Panzergrube davor sollten verhindern, dass feindliche Fahrzeuge die Straße nach Vierville erreichen konnten.




(3) SK Doppelschartenstand
Noch vor dem Bau der R677 Kasematte hatten die deutschen Truppen eine Sonderkonstruktion eines Doppelschartenstand (Bw. 968) für eine 5 cm KwK 38 L/42 errichtet.






(3a) Unmittelbar östlich neben der Kasematte gab es am D-Day einen Typ Nr. 1694 Ringstand, in dem die 7,5 cm KwK vor Fertigstellung der Kasematte positioniert war.
(4) Tobruk 58c
Auf der Rückseite des Doppelschartenstandes gab es einen Anbau für einen Tobruk Bauform 58c mit einem Panzerturm. Der Panzerturm wurde in Richtung Seeseite durch eine Abwehrmauer geschützt.




Bei dem Panzerturm handelte es sich vermutlich um einen französischen Renault FT-17. Eine Quelle lassen aber vermuten, dass der Panzerturm am D-Day noch nicht eingesetzt worden war.


(5) MG Tobruk
Einige Ausarbeitungen und Bücher erwähnen einen MG-Tobruk auf halber Höhe des Steilhanges westlich der Senke. Neuere Bücher erwähnen diesen jedoch nicht.
(6) MG-Doppelschartenstand
Zur Sicherung der Straße nach Vierville gab es am oberen westlichen Rande der Klippe einen MG-Doppelscharten-Stand. Dieser lag fast genau gegenüber des MG-Doppelschartenstand von WN71.

(7) Offene Feldstellungen
Wie üblich, waren die betonierten Anlagen durch Laufgräben miteinander verbunden. Zusätzlich gab es vermutlich drei offene Stellungen für (7b) MG-34 und ein offene Stellung am Rand der oberen westlichen Klippe für einen (7c) 5cm Mörser.

Mulberry
Nach dem D-Day wurden auch am Omaha Beach künstliche Häfen, die Mulberrys eingerichtet. Noch heute ist ein Ponton dieser Anlage Teil des Piers vor dem ehemaligen WN72.


Denkmäler









Schon mal überlegt, als deutschsprachiger Guide zu gehen, weil bei soviel Wissen über den D-Day, würde das sich ja anbieten :-), auf jeden Fall wieder ein sehr interessanter Bericht, man erfährt immer wieder was Neues, was man noch nicht wusste, bzw. kannte!
Gruss
Heinz
LikeLike
Vielen Dank Heinz! Da gibt es aber sicher Anwärter, die versierter sind. 😉 Durch die die Arbeit an den Berichten entdeckte ich übrigens meist auch selbst neue Details. Gruß Frank
LikeLike
Brilliant as always.
Best wishes,
Chris
LikeLike
Thanky you very much Chris 🙂
LikeLike
Hallo
Bin nach etwas Sucherei auf dieser Webseite gelandet und habe eine Frage. Mein Vater hat entweder im WN72 oder dahinter in Doppelschartenstand gekämpft. Erst war er in Bayer dann ist er nach Vierville versetzt worden. Er ist am D-day gefangen genommen worden und zur Entnazifizierung nach America verschifft worden. Leider ist mein Vater schon sehr lange Tot, er ist noch einmal nach Vierville gefahren. Ich bin schon oft dort gewesen, der damalige Ort des Grauens ist ein schöner Urlaubsort geworden. Ich frage mich ob es noch Aufzeichnungen gibt mit wen er dort am D-day im Bunker war-das würde mich sehr interessieren-kann da jemand helfen? Habe schon Informationen aus Berlin erhalten in welcher Einheit er war, leider gab es sonst keine Details.
Ich kann mich erinnern das mein Vater erwähnt hat beim Angriff kein passende Munition für eine Kanone tschechischer Bauart verfügbar war, leider habe ich nie Fragen gestellt. Mein Vater war damals 19 Jahre alt.
Gruss
Gary Wieczorek
LikeLike
Das wird nicht leicht werden, da jemanden zu finden, vielleicht machst du mal hier eine Anfrage http://www.von-keusgen.de eventuell kann man dir da weiterhelfen, weil wenn wer Erfahrung und Material hat rund um das Thema D-Day dann von Keusgen und fragen kostet ja nichts…
Gruss
Heinz
LikeLike
Hallo Gary,
leider kann ich auch keine weiteren Details zu WN 72 liefern. Namentlich ist mir nur die Besatzung des WN 62 bekannt und dies nur aus dem Grund, dass einige ehemalige deutsche Soldaten Berichte und Fotos veröffentlicht haben. Soweit mir bekannt ist, gibt es keine offiziellen Aufzeichnungen zu den Namen der deutschen Soldaten vor Ort. Der von Heinz erwähnte Helmut Konrad von Keusgen ist sicher eine gute Anlaufadresse, da er viele deutsche Veteranen befragt hat und sicher nicht alle Aussagen veröffentlicht wurden.
Die von dir erwähnte tschechische Kanone könnte mit der Erwähnung eines Geschützes im benachbarten WN 71 zusammenhängen. Die Kanone ist auch im Detailplan von Georges Bernage im Buch „Omaha Beach“ eingezeichnet. In anderen Berichten wir sie nicht aufgelistet, vielleicht weil sie, wie du schreibst, aufgrund von Munitionsmangel gar nicht einsatzbereit war.
Viele Grüße
Frank
LikeLike