Der zweite Teil dieses Berichts behandelt vor allem die Dörfer der Marsch, aber auch die Verhältnisse der Menschen in der sogenannten Franzosenzeit sowie eine kurze Bestandsaufnahmen des heutigen Zustands der alten Gebäude in der Region.
Das Marschdorf
Das Marschgebiet zwischen Stade und Hamburg wird als „Altes Land“ bezeichnet“. Diese Region wurde durch Holländische Siedler entwässert, eingedeicht und so erst bewohnbar bzw. urbar gemacht. Das Alte Land teilt sich in drei Abschnitte, auch Meilen genannt. Die „dritte Meile“ ist der jüngste Siedlungsabschnitt, der erst im 15. Jahrhundert eingedeicht wurde. Er liegt zwischen der Este bei Buxtehude und der alten Süderelbe. Östlich der Seeve liegt die Winsener Marsch. Es gibt einen merklichen Unterschied zwischen dem Gebiet des Alten Landes und der Winsener Marsch. Da die Winsener Marsch deutlich früher besiedelt wurde, sind hier die Felder und Gräben unregelmäßiger und die Siedlungen nicht immer als Reihendörfer angelegt. Schwerpunkt der Besiedlung der Marschlande waren grundsätzlich die elbnahen Gebiete und die Ränder der Flüsse, die alle in Richtung Elbe flossen. In diesen Regionen findet man den fruchtbarsten Marschboden, während sich zur Geest hin ein Moorgürtel anschließt.
Flurkarte von Hasselwerder. Man erkennt sehr schön die langen Grundstücke hinter den Häusern.Eine ganz besondere Region ist außerdem das Stromspaltungsbiet, wo sich die Elbe kurzeitig in Norder- und Süderelbe, sowie den Köhlbrand und Reiherstieg aufspaltet und zahlreiche Inseln bildet. Die hier ringförmig eingedeichten Inseln werden „Felder“ genannt, wie das erste diese Felder, an welches noch heute der „Altenfelder Weg“ erinnert. Die äußerst fruchtbaren Felder wiesen nur geringe Bevölkerungsdichte auf. Auf der Insel Wilhelmsburg lebten die meisten Bewohner in den nördlichen, Hamburger Teile, also den Bereichen der Peute, Groß- und Klein-Veddel, und im Klütjenfeld, die besonders eingedeicht waren und kleine Pachthöfe bildeten. Der bedeutet größere Teil im Süden der Insel war nur an lang der Deiche und um die Kirche sowie das Amtshaus nahe der Süderelbe besiedelt. Westlich vom Reiherstieg lagen die Inseln Roß-Neuhof, die Hohe Schaar und vor der Einmündung in die Norderelbe die Inseln Schrefenhof und Grevenhof. Jenseits des Köhlbrandes lagen schließlich Waltershof, Altenwerder und Finkenwerder.
So wie hier in Jork, muss man sich das Erscheinungsbild der Marschdörfer von einst vorstellen.Die Dörfer in der Marsch, vor allem im alten Land und im Stromspaltungsgebiet, sind zum größten Teil Reihendörfer bzw. Marschhufendörfer, bei denen die Höfe an der Straße liegen und das Land gleich hinter den Höfen beginnt. Als Hufe bezeichnet man die Hofstelle und die vom Bauern bewirtschaftete Fläche. Die langen, schmalen Felder, die sich vom Elbdeich bis zur Linie des Achterdeiches, oft eine Entfernung von 3 Kilometern, erstreckten, hatten vermutlich zwei Ursachen. Zum einen sollte jeder neue Siedler einen gleich guten und ein gleich schlechter Anteil an den Feldern der Mark erhalten. Der andere Grund ist in der Deichlast der Bauern zu suchen. Diese wurde nämlich an der Breite der dahinterliegenden Hufe berechnet. Je schmaler, desto geringer war also auch der Anteil, den der jeweilige Bauer an Arbeit und Investition aufbringen musste.
Die Reihendörfer „Zum Vierzigstücken“ und „Francop“ in der dritten Meile des Alten LandesEine große Rolle im Leben der Marschbewohner spielten die Entwässerungsgräben, die hier Wettern genannt wurden und im Wesentlichen für die landwirtschaftliche Nutzung der Böden verantwortlich waren. Außerdem sorgten kleine Rinnen (Grüppen) dafür, dass das Oberflächenwasser der Felder in die Wettern geleitet wurde. Lebensnotwendig waren aber vor allem die Deiche. Jeder Bewohner der Marsch war für die Instandhaltung eines Deichabschnittes verantwortlich. Wichtig für die Deiche war und ist, dass diese immer mit einer kurzen Grasnarbe bedeckt sind, die so ein dichtes Wurzelwerk bilden kann. Um das Gras kurz zu halten, werden aus diesem Grund Schafe zum Weiden auf die Deiche getrieben. Wer nicht in der Lage war diese Arbeit zu verrichten bzw. den Unterhalt dafür aufbringen konnte, musste seine Hofstelle aufgeben. Als Zeichen dafür wurde ein Spaten in den Deich gesteckt, wer ihn herauszog, wurde der neue Besitzer (Spatenrecht). Nicht umsonst gab es das Sprichwort: „Keen nich will dieken, de mutt wieken“ (Wer nicht will deichen, der muss weichen). Deichbrüche waren früher recht häufig. Noch heute erkennt man an den so genannten Bracks, das sind durch Deichbruch entstandene Ausspülungen, und dem teilweise unregelmäßigem Verlauf der Deiche, wo einst das Wasser den Deich durchbrochen hat. Neben der Deichpflege müssen auch die Gräben ständig ausgebessert werden, um sie vor der Verlandung zu schützen.
Schafe beim Grasen am SeevedeichLandwirtschaft
In der Marsch lagen die fruchtbaren Böden, die auch den Anbau von Obst, Gemüse und anspruchsvollem Getreide wie Weizen ermöglichten. Durch diesen Umstand galt die Marsch als das Land der wohlhabenden Bauern. Die schweren Marschböden liefern von Natur aus viele Nährstoffe für die Pflanzen und können viel Wasser speichern. Zu Zeiten, als es noch keine mineralische Düngung gab, war die natürliche Fruchtbarkeit und Wasserspeicherfähigkeit der Marschböden ein großer Vorteil. Der umfangreiche Obst- und Gemüseanbau in den Marschlanden hat sich erst in jüngerer Vergangenheit entwickelt. Um das Jahr 1800 wurde in der Marsch, genau wie in der Geest, hauptsächlich Getreide und Kartoffeln angebaut. Die Ernte war zwar durch die guten Böden ertragreicher als in der Geest, allerdings führten Überschwemmungen häufig zu Ernteverlusten. An den Gräben der Marsch dienten die dort angepflanzten Weiden als Rohstofflieferant für die Korbflechterei. In der Winsener Marsch zählte man im 18. Jahrhundert rund 18.000 Weidenbäume. Im Vormarsch war auch der Obstanbau, vor allem im alten Land. In der Winsener Marsch gab es um 1800 erst ca. 3.000 Obstbäume.
KorbreusenIn der Marsch bestand das Nebengewerbe aus dem Fischfang in der Elbe, hier wurden vor allem Stint, Neunaugen, Stör und Lachs geangelt sowie Aale in den Entwässerungsgräben gestochen oder mit Korbreusen gefangen. Es gab beispielsweise unmittelbar vor dem Jahr 1800 in Over 20, Finkenwerder 19 und in Bullenhausen 11 Elbfischer. Die einzelnen Fischfanggebiete der Elbe waren in sogenannte Föhrten aufgeteilt und das Fangrecht wechselte täglich von einem Elbufer zum anderen. In einigen Bereichen gab es auch Vieh- und Geflügelzucht, welche durch die saftigen Weiden begünstigt wurden. Durch die ertragreiche Marsch, die günstigen Absatzmöglichkeiten in der nahen Stadt Hamburg sowie die Transportwege auf den zahlreichen Elbarmen, entwickelte sich auf den Insel des Stromspaltungsgebietes eine umfangreiche Milchwirtschaft. Vor allem die Orte Moorburg, Finkenwerder, Altenwerder und Wilhelmsburg exportierten täglich Milch nach Hamburg. Zu den exportierten Milchprodukten zählten Frischmilch, Dickmilch, Quark, Buttermilch, Butter und der Kömkäs (Kümmelkäse).
Die Milchhändler von einst wurden Melker genannt. Sie trugen auf ihrer Reise nach Hamburg eine Tracht, zu der ein Zylinder, eine bunte Weste, perlenbestickte Hosenträger und eine „Pumpbüx“ (das ist eine weiße Leinenhose, die über die Tuchhose gezogen wurde um Milchflecke darauf zu vermeiden) gehörten.Mühlen
Anders als in der Geest und Heide, war in der Marsch die Windmühle statt der Wassermühle vorherrschend. Es ist nicht mehr genau bekannt, aber es werden vor allem hölzerne Bockwindmühlen gewesen sein. Um 1750 gab es im Alten Land Windmühlen in Borstel, Jork, Neuenfelde, Twielenfleth und Steinkirchen.
Der Marschhof
Die Höfe der Marschdörfer lagen oft dicht nebeneinander. Die Grundstücke waren sehr schmal und befanden sich unmittelbar hinter den Häusern. Aus diesem Grund lag der Wohnbereich des Hauses zur Straße hin und der Giebel mit der Dielentür in Richtung Feld. Auch die vielen Nebengebäude der Geestdörfer fehlen hier auf Grund des Platzmangels. Einige der Höfe wurden auf Wurten, Erdaufschüttungen errichtet, welche zusätzlich vor Überschwemmungen schützen sollte. Der Marsch-Hof wurde durch die Entwässerungsgräben begrenzt, über welche Brücken zu den Häusern führten. Viele Höfe wohlhabender Bauern, vor allem in der 3. Meile, hatten sogenannte Prunkpforten im Eingangsbereich, mit einer Wagendurchfahrt und einer Pforte für Fußgänger. Noch heute kann man rund 20 Prunkpforten im Alten Land bewundern.
Prunkpforte des Quatschen Hofes in Ninkop. Dieser Urtyp stammt aus dem Jahr 1683 und trägt die Inschrift „Ora et Labora: Deus Aderit Sine Mora“ (Bete und Arbeite: Gott hilf ohne Verzug).In manchen Gegenden der Marsch wurden Hausmarken verwendet. Diese Hausmarke war ein Zeichen, mit dem beispielsweise Hausinventar gekennzeichnet und welche bei Schriftstücken statt oder zusätzlich zur Unterschrift verwendet wurde. Der Ursprung dieser Tradition ist natürlich in dem Umstand begründet, dass die Landbevölkerung früher oft weder lesen noch schreiben konnten. Die Hausmarken in Wilhelmsburg und Moorburg bestanden aus Ritzzeichen, die an germanischen Runen erinnern und wohl teilweise tatsächlich aus ihnen entstanden sind.
Blick über die Obstbäume des Marschlandes zu den Höhen der GeestDas Hallenhaus
Auch in der Marsch galt das Hallenhaus als der vorherrschende Gebäudetyp. Hier war die Schauseite des Hauses jedoch die Giebelfront des Wohnbereiches, also die Hausseite die zur Straße gerichtet war. Diese zeigte sich meist steil, oft mit dekorativem Buntmauerwerk, weiß gestrichenem Fachwerk und aufwendigen Schnitzereien versehen. Als Buntmauerwerk bezeichnete man Backsteinausfachungen, die in dekorativen Mustern ausgelegt waren. Auch hier findet man die Mühle, Wiege und den Donnerbesen als Schmuckelement in den Ausfachungen.
Wiege, Mühle und Donnerbesen im Buntmauerwerk (Jork)Die Giebelseite kragte oft vor, wodurch die Wände gegen Platzregen geschützt wurden, aber vor allem konnte so das Regenwasser an der hohen Giebelfront schneller abtropfen. Die Vorkragungen sind übrigens nicht mit den Stockwerken des Gebäudes gleichzusetzten, sondern zeigen nur an, wo eine neue Ständerreihe der Giebelfront beginnt. Unter den Balkenköpfen der Vorkragung liegen die Knaggen, das sind Winkelstücke die als zusätzliche Stütze und Schmuckelement dienten. Als weitere Besonderheit des Alten Landes sieht man manchmal in der Giebelfront die Braut- oder Nottüren. Sie wurden ab Ende des 18. Jahrhunderts sowohl aus ökonomischen als auch aus repräsentativen Gründen gebaut. Sie waren nur von innen zu öffnen und führten zu einem vom übrigen Haus abgetrennten Raum (Koffergang), in dem die Mitgift der Braut aufgehoben wurde. Im Brandfall konnte so das wertvolle Gut besser gerettet werden, denn das brennende Reetdach konnte an dieser Seite nicht vom Dach rutschen und den Weg versperren. Sonst öffnete man diese besondere Tür nur anlässlich von Hochzeiten oder bei Todesfällen.
Die Not- oder Brauttür (Museum Jork)In der gesamten Marsch war außerdem das Reetdach vorherrschend, denn der Rohstoff wuchs zu dieser Zeit noch in großen Mengen im Schilfgürtel der Elbe, dort wo Ebbe und Flut den Boden sumpfig hielten. Statt den Pferdeköpfen der Geest findet man, vor allem in der 3. Meile des Alten Landes, hölzerne Schwänen und Tulpen an den Giebeln. Auch der Wendenknüppel, ein oft reich verzierter senkrechter Balken oder Stab, war in der Marsch vertreten. Ein Storchennest auf dem Dach sollte Glück bringen, weshalb der Bauer manchmal ein Wagenrad als Nisthilfe auf den Dachfirst legte.
Altländer Hallenhaus in Neuenfelde. Deutlich sind die Vorkragungen im Steilgiebel zu erkennen.

Die innere Aufteilung entsprach annähernd der des Hallenhauses in der Geest. Auch hier gab es die Dreiteilung in Diele, Flett und Wohnbereich. Manche Stuben der Marsch zeugten vom Wohlstand ihrer Bewohner. Von Mitte des 17. bis Mitte des 19. Jahrhunderts war die Intarsienstube groß in Mode. Hierbei waren die Wände und Möbel mit aufwendigen Holzeinlegearbeiten geschmückt. Im alten Land und den Elbinseln waren vor allem die gedrechselten Brautstühle und bei wohlhabenden Bauern das sogenannte „Hamburger Schapp“, eine schwerer, barocker Eichenschrank beliebt.
Stube mit hollänischen Kacheln (Museum Kiekeberg)

Die Kleidung
Die Arbeitskleidung in der Marsch unterschied sich nicht großartig von der in Geest und Heide. Die bäuerliche Tracht entwickelte sich durch Nachahmung der städtischen Mode, wie die Weste und Kniebundhose der Männer, die ursprünglich aus Spanien ihren Weg nach Norddeutschland fanden. Bei den Frauen waren es Rock und Mieder, welche das Kleid ersetzten. Besonders hervorzuheben ist die vielfältige und aufwendige Altländer Festtagstracht. Die Männer trugen einen schwarzen Slippenrock mit schwarzer Weste, Kniebundhosen aus Samt und ebenfalls schwarzen Schnallenschuhen. Rock, Weste und Hose waren außerdem mit silbernen Knöpfen besetzt. Drunter trug man ein weißes Hemd mit offenem Kragen. Erst nach 1800 bürgerten sich langsam eine lange Hose, Brusttuch, ein schwarzes Halstuch und Schaftstiefel ein.
„Klönsnack“ am Brunnen
Die Tracht der Frau bestand aus Rock, Mieder, Leibchen, Umschlagetuch, Halskoller, kurzer Jacke, Brustfleck, Kopfbedeckung und einem ärmellosen Mantel. Farbe und Form der Tracht unterschieden sich zwischen Frauen und Mädchen, Werk- und Sonntags- bzw. Festtracht sowie Feier- und Trauerkleidung. Vor der Franzosenzeit war noch der kurze, bis zu den Waden reichende Rock vorherrschend, danach kam die weite und schwere Variante auf, welche bis auf die Schuhe reichte. Über dem Rock wurde eine blaubedruckte Schürze getragen. Auffällig waren vor allem die bis zu zehnreihigen Halsketten, die entweder aus Bernstein, Flussperlen oder Silber bestanden. In Wilhelmsburg waren außerdem die silbernen und goldenen Hauben der Frauen berühmt.
Goldhaube aus WilhelmsburgVielfach grenzten sich die Marschbewohner bis in das 20. Jahrhundert von den ärmeren Bewohnern der Geest ab, beispielsweise in der Heiratspolitik. Es galt als unschicklich, einen Bewohner aus der Geest zu heiraten, teilweise kam es sogar zur Enterbung oder zum Verstoß aus der Familie bzw. dem Ort.
Hölzerne, bemalte HaubenschachtelDie Dörfer in der Franzosenzeit
Die Dörfer der Marsch und Geest hatten in der sogenannten Franzosenzeit, also der Zeit der französischen Besetzung von 1803 bis 1814, stark zu leiden. Sie mussten neben den üblichen Abgaben auch Verpflegung, Unterkunft und Dienste für die Französische Armee und später auch für die Belagerungsarmee der Alliierten stellen. Allein im Jahr 1807 wird die Anzahl durchziehender Truppen mit 959 Offizieren, 23.330 Unteroffizieren und Mannschaften sowie 1.685 Pferde angegeben, die alle jeweils 1 Nacht in Harburg und Umland Quartier bezogen. Ab Mai 1813 musste beispielsweise die 3. Meile des Alten Landes täglich Heu, Stroh, Roggen, Branntwein, Brot und Speck, sowie 100 bis 200 Personen zum Schanzen nach Harburg senden. Im Sommer 1813 waren das unter anderem 2.200 Himpten (Himpten war ein Hohlmaß und entsprach 30 Litern) Weizen, 28 Ochsen und 200 Schweineschinken. Dienste mussten vor allem im Rahmen der Straßen- und Brückenbauarbeiten verrichtet werden, bei welchem die Dörfer aufgerufen waren Spann- und Handdienste zu leisten. Auch neue Steuern, wie die „Thüren- und Fenstersteuer“ der Franzosen, kamen zur Anwendung. Heinrich Sievers aus Hoopte musste auf Grund seiner vielen Fenster und Türen im Haus eine Summe von 8 Francs und 13 Cent pro Jahr entrichten. Zusätzlich belastete die gesamte Region die seit 1803 gültige Kontinentalsperre, die Napoleon verhängt hatte, um so den Handel mit dem Erzfeind Großbritannien zu unterbinden. Die Kontinentalsperre wurde natürlich durch lebhaften Schmuggel unterlaufen. Unter anderem wurden am Vierländerelbufer verbotene englische Waren an Land gebracht. Geschmuggelt wurden vor allem Lebensmittel, Branntwein, Tabak und Wolle. Von einem Hof in Meckelfeld ist bekannt, dass er seine Schmuggelware unter Holzplanken im Fleet versteckt hatte.
Eines von vielen Denkmälern in Erinnerung an die Befreiungskriege, welche in den Dörfern anlässlich der 100-Jahr-Feiern 1913 errichtet wurden (hier das Denkmal in Marxen)
Ganz schlimm kam es in den Jahren 1813 und 1814 während der Belagerung Hamburgs und Harburgs, in denen viele Dörfer fortlaufend geplündert, niedergebrannt oder sogar in die Kampfhandlungen verstrickt wurden. So eine Plünderung wird am 30.03.1814 vom Harburger Generalsuperintendent Hoppenstedt beschrieben: „Den nächsten Weg ging die Expedition (der Franzosen) nach den Dörfern Rönnebuerg, Meckelfeld, Glüsingen und Sinstorf. Viele Fourage und Kartoffeln und sonst manches Erbeutete, selbst Werkzeuge und Gerätschaften wurden eingeführt. Fast jeder Cavallerist war mit dergleichen beladen. Es nahm sich wacker aus, den Feldherrn selbst an der Spitze dieser Colonne zu sehen. Einige Bauern hatte man zu Gefangenen gemacht“. In Kirchdorf erzählt der dortige Kantor Wittkugel folgende Begebenheit: „…Vandammes Truppen kamen hier. Um den ersten Willkommen auszuweichen, ging ich an die Hintertür. Als ich sie eben aufmache, standen 3 Mann auf dem Kirchhofe in Entfernung von 20 Schritt. Einer davon schoss gleich nach mir, dass der Kragen meiner Chenille nebst der Tür durchlöchert wurde, und wäre ich nicht behende zurückgewichen, das Feuer noch sehend, so würd ich’s in den Unterleib bekommen haben. Von den 3 Mann stach mir der eine ein großes Loch an der Seite mit dem Bajonett in die Chenille, davon ich jedoch abermals nicht berührt wurde. Ich wurde mitgenommen, da ich ziemlich Französisch spreche. Ich zog 1 ½ Stunde mit Ihnen herum, aber plötzlich wurden sie attaquiert. Es ging ans Retiriren, und musste ich 8 bis 10 Minuten einen Regen nachgeschickter Kugeln mit Ihnen aushalten, so das ich nicht wusste, wo ich den Kopf hinhalten sollte, sprach auch auf halben Wege einige Worte laut, womit ich meine Seele dem lieben Gott befahl, da ich jeden Augenblick zu stürzen erwarten musste“.
Eines der vielen neue Häuser (hier in Bullenhausen), die nach dem Krieg, also in den Jahren 1814 und 1815 entstanden.
Um den Französischen Soldaten zu entgehen, flohen die Bauern oft in unzugängliche Gebiete, wie die Meckelfelder ins nahegelegene Friesenwerdermoor. Die Rönneburger Frauen wurden samt dem wertvollen Leinenzeug in Leiterwagen zur Horster Mühle gebracht, wo der Müller die Flüchtlinge aufnahm. Bei der Rückkehr in die Dörfer zeigte sich oft ein trauriges Bild. In Rönneburg waren die Schafherden fortgetrieben worden. Im Cramer-Hof waren die Betten aufgeschlitzt, die Möbel und Bilder mit Säbelhieben zerfetzt. In den unteren Zimmern lag der Pferdemist fußhoch. Nach einer Anekdote wurden die Eichen des Wubbes Hof vor abholzen verschont, weil der Besitzer einem Franzosen seinen Geldbeutel zurückgab, welche dieser bei einer Zech- und Spielnacht im Wubbes Hof verloren hatte. In Marmstorf flüchteten die Menschen vor den Plünderungen in nahe Wälder, wo sie tagelang in selbstgegrabenen Erdhöhlen vegetierten. Ihr Vieh hatten sie vorsorglich nach Fallingbostel getrieben. In Hoopte an der Elbe wurde das Gasthaus von Heinrich Sievers von einem Kanonenboot der Alliierten in Brand geschossen, weil es den Franzosen als Stellung gedient hatte. Das schöne, 2-stöckige Haus hatte einst einen großen Saal und 6 beheizbare Zimmer besessen. In Wilhelmsburg sind Anfang 1814 208 Todesfälle im Kirchenbuch eingetragen, oft liest man: „an den Folgen des Schrecken vom Kriege gestorben“ oder Dinge wie „Margarethe Becker, 30 Wochen alt, durch eine Flintenkugel auf dem Arm der Magd getötet, während des Gefechts auf der Insel“.
Auch während der Belagerung der Stadt Harburg und Hamburg durch die Alliierten kam es zu solchen Szenen. In Meckelfeld musste der 11-jährige Peter Sahling mit ansehen, wie russische Kosaken ein geschlachtetes Vieh unter sich aufteilten und wie diese Russen dann einen französischen Kundschafter von seinem Pferd schossen. Im gleichen Dorf wurde der Höcker zu Stockprügel verurteilt, weil er angeblich einem russischen Ulanen zu wenig Schnaps für sein Geld verkauf hatte (er wurde allerdings kurz vor der Vollstreckung begnadigt). Nachdem schon Anfang 1814 die Dörfer Lauenbruch, Neuland, Bullenhausen und Moor abgefackelt worden waren, folgten Ende Januar das Niederbrennen der Dörfer Heimfeld, dann Teile Wilstorfs, schließlich am 29. März die Dörfer Marmstorf, Appelbüttel, Eißendorf und der Reste von Wilstorf. In Marmstorf wurde nur ein Haus, das vom Kaufmann Knupper verschont. Als die Wilstorfer nach den Kämpfen zurückkehrten, fanden sie alles in Schutt und Asche, bei Kölln (ein ehemaliger Krämer) am heutigen Tivoliweg, waren noch lange Zeit Kanonenkugeln in der Giebelwand erhalten. Auch aus dem Mauerwerk anderer Häuser sind Kugeln geholt und als Erinnerung aufgehoben worden. Auch in Wilhelmsburg wurden durch die heftigen Kämpfe viele Häuser zerstört. Im Amtskontraktenbuch sind aus den Jahren nach 1814 noch reihenweise Einträge zu finden, aus denen hervorgeht, dass die Menschen ihre abgebrannten Katen verkaufen mussten oder Geld aus der Brandkasse erhielten. Einige Gebäude waren in Lazarette verwandelt worden. So auch das Haus von Pächter Dietrich von Drazeln im Reiherstieg-Feld, dass durch eine Kanonengeschoss getroffen und in Brand gesetzt wurde. Nur wenige der dort liegenden Verwundeten konnten sich retten. Von diesem Pächter ist außerdem eine sehr detaillierte Liste der Schäden erhalten, die sich in Gesamtsumme auf 34.230 Mark beläuft. Ein weiteres Beispiel ist Kötner Karsten Gühl, der seine abgebrannte Kate, 20 Obst- und 56 abgeholzte Nutzbäume, einen verlorenen Wagen und einen Schlitten, ein gestohlenes Bett samt 3 Kisten Handwerkszeug sowie 25 Stück geraubtes Federvieh und 30 Himten Kartoffeln mit insgesamt 3.623 Talern veranschlagt.
Natürlich gingen die Erträge in der Landwirtschaft in den Jahren der Napoleonischen Kriege zurück. Dies Betraf auch die Viehbestände. Im kleinen Beckedorf gab es beispielsweise im Jahr 1792 noch 10 Pferde, 43 Rinder, 5 Schweine, 133 Schafe und 8 Bienenvölker. Im Jahr 1814 waren die Bestände stark gesunken, es gab nur noch 8 Pferde, 36 Rinder, keine Schweine, 44 Schafe und keinerlei Bienen mehr. Am Ende der Franzosenzeit Betrug der Schaden im Amt Harburg, zusammen mit Wilhelmsburg rund 800.000 Taler. Von den Zeiten des Wideraufbaus zeugen zahlreiche Hausinschriften, so in Albs Hof in Wilstorf: “Ein stolzer Feind im langen Krieg, brant unsere Heuser nieder, Doch Endlich gab uns Gott den Sieg, Und lies uns bauen wieder, Den 12. März 1814 – 23…1815“ und auch am Jachens Hof: „ Das Krieges Wetter ist Fürbey, Durch Dich, o Gott, sind Wier Nun frey, Der Krieg zerstörte unseren Ort, Wir bau’n ihn jetzt wider auf dein Wort, Anno 1815“.
Noch heute erinnert eine ganze Reihe von zumeist plattdeutschen Redewendungen und Wörter an die Zeit der französischen Besatzung. Viele dieser Wörter haben sich in den alltäglichen Sprachgebrauch eingebürgert und wurden einfach so ausgesprochen, wie man sie von den Franzosen gehört hatte. Ein Beispiel dafür sind das Wort „schenant“ für peinlich berührt (franz. gênant) und „propper“ für sauber, adrett (franz. propre) oder „Miljö“ (franz. milieu). Berühmt in Hamburg sind die „Fisimatenten“. Immer wieder versuchten französische Soldaten, deutsche Mädchen zum Zeitvertreib in ihr Lager zu locken, z. B. mit der Einladung: „Visitez ma tente“ (dt. besuchen Sie mein Zelt) oder auch „Vois-y ma tente“ (dt. sieh dort mein Zelt). Stand also abendlicher Ausgang an, wurde den jungen Frauen ein „mach‘ aber keine Fisi ma tenten“ mit auf den Weg gegeben.
Die Dörfer Heute
Namentlich seien hier nur die Dorfer erwähnt, die auch eine Rolle in den Kampfhandlungen in den Jahren 1813 und 1814 spielten. Zu diesen Orten zählten in der Geest, südlich von Harburg und nördlich von Hittfeld die Dörfer Appelbüttel, Beckedorf, Eddelsen, Ehestorf, Eißendorf, Emmelndorf, Fleestedt, Glüsingen, Heimfeld, Iddensen, Langenbeck, Leversen, Lührade, Marmstorf, Maschen, Meckelfeld, Metzendorf, Nendorf, Rönneburg, Sieversen, Sinstorf, Sottorf, Tötensen Vahrendorf, Westerhof und Wilstorf.
Die häufige Endung „Torf“ hat ihren Ursprung übrigens im alten plattdeutschen Wort „thorp“, was einfach Dorf bedeutet und eine Schar oder Volkshaufen bezeichnet. Die Dörfer mit dieser Endung waren daher wohl meist ältere Orte, die von einer Gruppe von Siedler gegründet wurden. Die Endung „Stedt“ meint eine Stelle oder einen Punkt in der Landschaft, hier entwickelte sich das Dorf vermutlich aus einem Einzelhof.
In der Marsch sind es die Dörfer Neuland, Moor (Heute Gut Moor), Over, Bullenhausen, Hörsten, Fliegenberg, Hoopte, Stelle, Ashausen, Francop, Zum Vierzigstücken (heute Teil von Francop), Lauenbruch (existiert nicht mehr), Neufeld, Zum Kranz (Cranz), Estebrügge, Rüpcke, Neuen Wiedenthal (Neuwiedenthal), Neuengraben (Neugraben) und Fischbeck. Außerdem muss noch das Dorf Moorburg erwähnt werden, das seit dem 13. Jahrhundert zur Stadt Hamburg gehörte.
Auf den Elbinsel, wo die heftigsten Kämpfe tobten, seien die Dörfer und Inseln Finkenwerder, Altenwerder, Georgswerder, Griesenwerder und die Dörfer der Insel Wilhelmsburg erwähnt.
Altenwerder
Dieses schöne alte Dorf, in dem vor allem Fischer und Milchbauern lebten, musste der Hafenerweiterung weichen. Nur die Kirche steht noch, weithin sichtbar, im neuen Industriegebiet.
Eißendorf
Noch vor wenigen Jahren konnte man am Ende der Talaue des Göhlbaches eine ganze Reihe von alten Reetdachhäusern finden. Leider sind bis auf eine Scheune und eine kleine Kate alle alten Gebäude abgerissen worden.
Fischbeck-Neugraben
Diese Orte verfügen noch über eine ganze Reihe von schönen, alten Gebäuden. Im Anfangsbereich der Francoper Straße trifft man auf ganze Gebäudegruppen von Hallenhäusern, Scheunen und Katen, die mehr aber weniger aus der Zeit Ende des 18. Jahrhunderts und Anfang des 19. Jahrhunderts stammen.
Fleestedt
Leider gibt es auch in meinem Dorf nur wenige Erinnerungen an die Zeit um 1800. Ein paar Reetdach- und Fachwerkgebäude aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geben eine gewisse Ahnung vom Erscheinungsbild des alten Dorfes. Dazu zählt der Geidenhof mit seinen Gebäuden von 1823. Folgt man dem alten Bachlauf (zum größten Teil verrohrt) durch den Ort, findet man hinter den Wiesen die alte Bostelmühle, die heute Dank vielen engagierten Bürger wieder instandgesetzt wird. Das Gebäude ist ein schönes Beispiel für ein typisches Niedersächsisches Hallenhaus. Die heutige Straße „Am Franzosenhut“ ist auf eine Anekdote der Napoleonischen Kriege zurückzuführen. Hier haben Französische Soldaten Uniformteile bei den Bauern gegen Lebensmittel eingetauscht.
Das Hallenhaus der Bostelmühle hat auf einer Seite eine „modernen“ Anbau erhalten, in dem das Mahlwerk untergebracht ist.Francop
Dieser Ort ist mittlerweile mit dem Ort „Zum Vierzigstücken“ zusammengewachsen. Leider sind die meisten alten Häuser verschwunden zu sehen ist aber noch ein Altländer Bauernhaus mit besonders schönem Schmuckgiebel und Reetdach aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sowie ein ehemaliges Hufnerhaus mit Reetdach.
Heimfeld
Heimfeld wurde schon während der Belagerung in den Jahren 1813-1814 komplett niedergerissen, da hier die Schanzen der Franzosen auf dem Schwarzen Berg angelegt wurden. Hier erinnert aber noch das alte Kugeldenkmal im Park des Schwarzen Berges an die Zeit der Befreiungskriege. Die Kugeln dafür wurden beim Abtragen der Wälle der Schlossinsel gefunden. Das bronzene französische Kanonenrohr von 1814 wurde im Deutsch-Französischem Krieg 1870/71 erbeutet. Und natürlich hat man heute wie einst den Blick vom Schwarzenberg auf die Marsch in Richtung Hamburg erleben.
Hittfeld
Die Entwicklung Hittfelds begünstigte vor allem die Lage an der Kreuzung zweier alter Poststraßen von Stade über Hittfeld nach Lüneburg und von Harburg über Hittfeld nach Hannover. Zudem zog die Kirche am Sonntag mehr als 120 Gespanne mit den Bauersfamilien der umliegenden Dörfer an. Aus diesen beiden Gründen fand man um 1800 bereits 7 Krugwirtschaften (Gasthäuser) und 3 Höker (Händler) im Ort, in denen nach dem Kirchgang die Geschäfte getätigt wurden. Es gibt noch einige Gebäude und ein paar Scheunen aus der Zeit um 1800, viele wurden allerdings stark baulich verändert und modernisiert. Das schönste Ensemble ist jedoch der große Hof der Familie Steinwehe, in der bis vor einem Jahr noch die älteste Gastwirtschaft (Zum Hundertjährigen) der Region existierte.
Marmstorf
Da sämtliche Gebäude dieses Dorfes in den Befreiungskriegen zerstört wurden, gibt es kein Haus mehr aus dieser Zeit. Allerdings bilden die schönen, alten Bauernhäuser, die kurz nach den Napoleonischen Kriegen errichtet wurden, noch heute ein schönes Ensemble rund um den Dorfteich. Ein Kopfsteinpflasterweg und der Straßennamen erinnert außerdem an die alte Poststraße, die hier einst bis nach Bremen führte. Zur Ehrung des Niedersächsischen Hallenhauses, gibt es im Dorf einige Straßennamen, die nach Teilen des Hauses benannt sind. So findet man unter anderem „Am Diggen“, „Flett“, Ulenlock“ und „Up den Wiemen“. Im Dorfkern findet man außerdem ein Denkmal, welches an die Niederbrennung des Dorfes im Jahr 1814 erinnert.
Meckelfeld
Das Dorf Meckelfeld lag an keiner Durchgangsstraße. Die Straßen zu den Nachbardörfern dienten hauptsächlich als Zufahrten zu den Feldern, Wiesen und Weiden. Leider hat sich trotz der isolierten Lage kein Haus aus den Befreiungskriegen bzw. der Zeit davor erhalten. da ein Brand einen Großteil des Dorfes im 19. Jahrhundert zerstörte. Den alten Dorfkern bilden heute drei Reetdachhäuser aus der Mitte des 19. Jahrhunderts bzw. die Rekonstruktion dieser Gebäude.
Moorburg
Neben einer alten Kate gibt es in Moorburg noch die wunderschöne Maria-Magdalenenkirche. Auf dem Friedhof der Kirche befindet sich ein großes Denkmal, welches an die Kämpfe an der Moorburger Schanze im Jahr 1814 erinnert. Auch ein Grabmal aus dieser Zeit und ein weitere Gedenkstein im Ort erinnern an die damaligen Ereignisse.
Neuenfelde
Hier findet man ein prächtiges Altländer Bauernhaus von 1777 bis 1778 mit dem ältesten Prunktor der Region von 1683. Wohl einer der schönsten Höfe der dritten Meile.
Rönneburg
Von dem alten Dorf, welches sich rund um eine alte sächsische Hügelfestung gruppierte, existieren nur noch 2 Gebäude, die auch schon in der Zeit der Napoleonischen Kriege vorhanden waren. Es sind das Wohnwirtschaftsgebäude des Mattenshof und eine kleine Kate aus dem Jahr 1717 am Fuße des Burgberges. Diese Kate von Ludecke Busche zieren noch heute schöne Muster mit Sonnenrädern und Hexenbesen. Um 1800 wurde am Burgberg, von einem Leutnant Anton Friedrich ein Fachwerkhaus mit einem 1. Stock gebaut. Damals eine Sensation und viele Leute kamen von weit her, um das Leutnants-Haus zu sehen. Es war außerdem sehr luxuriös mit einem Bibliothek- und Staatszimmer eingerichtet und hatte zudem einen angelegten französischen Garten mit Buchsbaumhecken und Rosensträuchern. Leider haben dann die Kriegsjahre von 1813-1814 die ganze Pracht vernichtet.
Sinstorf
Nur die altehrwürdige Kirche und das alte Pfarrhaus stehen noch als Zeugen vergangener Tage. Alle weiteren alten Gebäude dieses Dorfes sind leider verschwunden.
Wilhelmsburg
1724 wurde die alte Wilhelmsburg erneuert und als hannoversches Amtshaus errichtet. Heute ist in diesem Gebäude das Museum der Insel untergebracht. Die Windmühle in Wilhelmsburg wurde 1813 von den Franzosen beim Rückzug in Brand gesteckt. Der heutige Nachfolgebau stammt aus dem Jahr 1875. Es gibt aber im alten Dorf noch eine Reihe alter Wohnhäuser und Katen aus dieser Zeit. Genannt werden müssen auch noch die alte Fachwerkkirche (Kreuzkirche) und das Haus des Küsters aus dem Jahre 1660.
Wilstorf
Durch dieses Dorf führte einst die wichtigste Poststraße von Harburg nach Süden, aus diesem Grund gab es hier eine ganze Reihe von Krügen, in denen Harburger und Lüneburger Bier ausgeschenkt wurden. Am Rande des Dorfes gibt es noch ein schönes Wohngebäude aus dem Jahr 1800, welches heute als Kirche genutzt wird. Die restlichen Gebäude sind während der Kämpfe um die Stadt Harburg ein Raub der Flammen geworden. Im Schatten der heutigen großen Ausfallstraße, die noch ziemlich genau dem Verlauf der alten Poststraße folgt, liegen zwei versteckte Bauerhöfe mit einem schönen Reetdach, die noch aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammen. Obwohl Wilstorf in Harburg eingepfarrt war, gab es schon ab 1701 eine kleine Kapelle im Dorf, woran noch der Name Kapellenweg erinnert.
Winsener Marsch
Leider haben sich in der Winser Marsch, in den Dörfern, Neuland, Fünfhausen, Bullenhausen, Over und Moor kaum nennenswerte alte Gebäude erhalten. Es gibt zwar noch einige Reetdach- und Fachwerkgebäude, diese stammen aber mit nur einer Ausnahme aus der Zeit nach 1814.
Museen und Literatur
Gelebte Geschichte 1804
Das Freilichtmuseum Kickeberg ist die Anlaufadresse der Region, wenn man mehr über das Leben in den Marsch-, Geest- und Heidedörfer erfahren will. In einem Hof des Freigeländes, dem Pringens Hof und seinen Nebengebäuden, kann man hautnah miterleben, wie das Leben auf einem Bauernhof der Lüneburger Heide im Jahr 1804 ausgesehen haben könnte. Der Gebäudekomplex ist so hergerichtet, dass die Szenerie bis ins Detail einer Situation vor 200 Jahren entspricht. Darsteller führen in authentisch rekonstruierter Kleidung alltägliche land- und hauswirtschaftliche Tätigkeiten wie Dreschen, Flachsen, Kochen und Waschen aus. Der Schwerpunkt liegt auf der Ausführung handwerklicher Tätigkeiten. Dabei verkörpern sie Bauer, Bäuerin, Altenteiler, Knecht und Magd des frühen 19. Jahrhunderts und berichten den Besuchern in Gesprächen vom Landleben in dieser Zeit. Darüber hinaus gibt es immer wieder Schwerpunktthemen, wie Handwerk, Schlachttag, Fischfang oder auch das Leben der Soldaten, welches dann ein ganzes Wochenende dargestellt wird.
Heidebauern und Dörfer
In dem kleinen Dorf Wilsede sind noch alle Merkmale eines typischen Heidedorfes erhalten geblieben. Es ist ein lockeres Haufendorf, das ohne scharfe Grenze in die umliegende Landschaft übergeht. Die Höfe liegen verstreut ohne sichtbare Ordnung über das Dorf verteilt. Sie sind von Bäumen umgeben und durch charakteristische Steinmauern von den Straßen abgegrenzt. Neben den Vollhöfen und Koten gibt es in Wilsede noch Treppenspeicher und früher gemeinschaftlich genutzte Backhäuser. Ein kleines Heidemuseum gibt außerdem einen Einblick in das Bauernleben im frühen 19. Jahrhundert.
Leben in der Marsch
Seit 1990 beherbergt das Gebäude Westerjork 49 das Museum Altes Land in Jork. Auf einer Ausstellungsfläche von 320 m² wird die Entwicklung des Alten Landes und das Leben seiner Bewohner, geprägt durch die ständige Auseinandersetzung mit dem Wasser, vorgestellt. In Jork selbst findet man außerdem eine große Anzahl an alten Fachwerkgebäuden.
Im alten Amtshaus der Insel Wilhelmsburg befindet sich das Museum der Elbinsel Wilhelmsburg, in den man Einiges zur Geschichte des Stromspaltungsgebietes, der Milchwirtschaft und dem Brückenbau in Napoleonischer Zeit finden kann.
Literatur zum Thema
Bücher zum Thema sind in erster Linie die unzähligen Dorfchroniken, welche in den Gemeindeämter und Bücherreihen vor Ort zu finden sind. Hier eine Auswahl der von mir verwendeten Titel:
- Eduard Kück / Das alte Bauernleben der Lüneburger Heide
- Walter Gröll / Auf alten Heidewegen ; die Entdeckung einer Landschaft zur Zeit der Postkutsche
- Rolf Wiese / Bauernhäuser des 19. Jahrhunderts im Landkreis Harburg
- Alfred Keseberg / Beckedorf ; Geschichte eines Amelungen Dorfes und Meierhofes des Klosters Corvey
- Werner Voss / Es klappert die Mühle… ; die Geschichte der Horster Wassermühle nach historischen Quellen
- Max Truels / Fleestedt ; das Dorf am Höpen
- Günther Hagen / Geschichte der Stadt Winsen an der Luhe
- Dieter Brosius / Heimatchronik des Kreises Harburg
- Willfried Nicklaus / Hittfeld ; das alte Dorf
- Otto Puffahrt / Hoopte ; 1221 – 1991, Elbort mit Geschichte
- Lisa Heßmer / Liebes altes Meckelfeld ; Heimatchronik
- Marxen unser Dorf ; Chronik / 1989
- Lisa Heßmer / Meckelfeld ; Unsere alten Dorfteile / 2004
- Irene Schmidt / Rönneburg ; Sitz der Vogtei Höpen / 1992
- Wilhelm Marquardt : Seevetal in alten Ansichten / 1977
- Magdalene Truels / Unter alten Eichen ; Chronik von Emmelndorf, Woxdorf und Metzendorf
- Lisa Heßmer / Unter den Linden ; eine Meckelfelder Hofgeschichte / 1994
- Irene Schmidt / Rönneburg-Sinstorf in alten Ansichten
- Ernst Reinstorf / Geschichte der Elbinsel Wilhelmsburg
- Inge Buggenthin / Wilstorf; Schule, Kirche, Dorf
- Cordes, J. J./ Altes Land – alte Kultur
- Erik Verg / Harburger Geschichten
- Hermann Keesenberg / Wilhelmsburg – Die Insel der Gegensätze
- Gustav Fock / 900 Jahre Neuenfelde
Mahltiet!
Im zweiten Teil geht es wieder nicht um die große Kochkunst, sondern um die einfache Landmahlzeit (was „handfestes“ wie man so schön sagt).
Abendbrot
Der Begriff Abendessen war bei uns (also in meiner Kindheit) eher untypisch…es hieß Abendbrot. Der Name war Programm. Es gab also Brot, dazu Käse und Aufschnitt, oft auch Tomaten, Eier, Gewürzgurken oder Radieschen. Wenn man so will, entspricht das Ganze einer norddeutschen Variante der spanischen Tapas oder den italienischen Antipasti. Und ich finde der Heidekatenschinken muss sich nicht vor der Variante aus Parma verstecken. Im Gegenteil! Ein hauchdünn geschnittener Katenschinken mit schwerem Roggenkatenbrot ist einfach nur genial und meiner Ansicht nach viel aromatischer…einfach mal testen. Eine große Käsetradition gab es in meiner Heimatregion nicht. Allerdings brachten die Holländischen Siedler ihre Sorten mit ins Land. Da der Rahm der Milch oft für Butter und Sahne verwendet wurde, gab es meist Magermilchkäse. Es handelte es sich hauptsächlich um Frischkäse, der nur ein bis zwei Tage haltbar war. Der Butter wurde häufig gesalzen, um sie haltbar zu machen. Eier wurden um 1800 natürlich auch verspeist. Zu Ostern gab es den Wettstreit, wer die meisten gekochten Eier essen konnte. Die Kartoffel durfte natürlich nicht fehlen. Oft wurden diese auch kalt mit etwas Salz bei der Feldarbeit vertilgt. Bei meinem letzten Hobbywochenende gab es also testweise ein Abendbrot Anno 1800…und so sah das Ganze aus:
Ein wunderbarer Artikel. Randvoll mit interessanten Informationen und Begebenheiten.
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Danke, dass du die Berichte mit einem Kommentar belohnst…das Ganze war wirklich viel Arbeit (und Spaß). Es wird auch noch einiges zu diesem Thema kommen 😉
Viele Grüße Frank
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