Sharpe’s Waterloo

Es gibt wohl kaum eine TV-Serie, die so viele Klischees und Stereotype bedient, wie Sharpe bzw. „Die Scharfschützen“, wie sie in Deutschland genannt wird und das, ohne eine Komödie sein zu wollen. In den Serie, verfilmt nach den Romanen von Bernard Cornwell, in dem sich der Held Richard Sharpe durch die Napoleonischen Kriege kämpft, sind Männer noch Männer, es werden sinnlose Prügeleien gestartet, Vorgesetzte sind meist Idioten oder Sadisten, Frauen stehen am Herd oder liegen im Bett, Vorschriften sind dazu da sie zu missachten und der Krieg ist ein schönes Abenteuer. Trotz vieler Statisten und teilweise erstaunlichem Aufwand, wirken viele der oft im Mittelpunkt stehenden Kämpfe wie kleine Straßenschlägereien, was an der mittelmäßigen Kameraarbeit, dem Schnitt und vor allem der Choreografie geschuldet ist. Ein großes Plus der TV-Serie sind allerdings die charismatischen Schauspieler, wie Sean Bean, die Charaktere, wie der Ire Patrick Harper, die stimmige Ausstattung und natürlich die ikonische Musik, allen voran das Lied „Over the Hills and far away“ gesungen von John Tams, der in der Serie auch den Scharfschützen Daniel Hagman spielt. Was sich dem Leser dieser Zeilen vielleicht nicht sofort erschließt, ich mag die Serie trotzdem ungemein gern.

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Bisher habe ich in Sachen Napoleonisches TableTop nur mit 1/72 Figuren hantiert, nun möchte ich aber auch endlich eine Skirmish-Variante mit 28mm angehen und das im wahrsten Sinne des Wortes. Es soll in erste Linie um kleine Plänklergefechte am Rande der großen Schlachten gehen. Ich hatte dafür natürlich schon ein paar Pläne geschmiedet und sogar einige Figuren bemalt, aber bisher noch keinen Ansatz bis zum Ende verfolgt. Mit Sharpe’s Waterloo soll es nun endlich richtig losgehen. Zunächst habe ich mir noch einmal die TV-Folge und das Buch vorgenommen, um mir die Rolle von Richard Sharpe und seinen „chosen men“ in Erinnerung zu rufen.

Ich habe also meine alte DVD eingeworfen und auf Herz und Nieren geprüft. Neben der eigentlichen Schlacht von Waterloo gibt es auch noch eine parallel laufende Story, da Sharpe sonst natürlich völlig unterfordert wäre. Richard, der seit Kriegsende mit Frau und Kind auf einem Hof in der Normandie lebt, erfährt, dass Napoleon aus dem Exil geflohen ist. Endlich sieht er seine Chance dem großen französischen Feldherren in einer Schlacht selbst gegenüberstehen. Sharpie ist mal wieder befördert worden, um im Stab des unfähigen und arroganten Prinzen von Oranien, in der Serie nur als Silly Billy bezeichnet, dienen zu können. Nicht das, was er sich vorstellt hat, aber wenn man auch mal gegen Napoleon selbst antreten möchte, dann muss man schon mal das eine oder andere in Kauf nehmen. Er reitet also von einem Schauplatz zu nächsten. Auch sein alter Kumpel Pat Harper sowie seine besten „chosen men“ Hagman und Harris sind mit von der Partie. Zunächst entdeckt Sharpe den Vormarsch der Französischen Armee, zieht daraus seine messerscharfen Schlüsse und informiert Wellington und seine Vorgesetzten. „Viele Bajonett und Kanonen kommen da rauf. Typisch Franzmänner, wenn sie ernst machen.“

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Wie eigentlich in jeder Sharpe Folge, ist der Feind nicht nur in der gegnerischen Armee zu finden, sondern vor allem in der eigenen. Seine Widersacher sind hier der Prinz von Oranien, also sein Vorgesetzter und ein Offizier der Horse Guards, der seiner ehemaligen Flamme, die mit Sharpes Vermögen durchgebrannt ist, verfallen ist. Doch dazu später mehr.

Da keiner Sharpes Warnungen vor den Franzosen so richtig ernst nimmt, muss er also erst mal allein mit seinen alten Kumpels den französischen Vormarsch aufhalten. Das ist jetzt kein Witz, die drei Heinis schießen, rufen und machen Stellungswechsel, um vorzutäuschen, dass sie ein ganzes Regiment darstellen. Na ja… Zum Glück kommt gerade eine Einheit Nassauer vorbei und Sharpe übernimmt sofort das Kommando. Nun muss er aber endlich ein ernstes Wort mit Wellington wechseln. Er kann schließlich den Krieg nicht allein führen (oder doch?).

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Bei dieser Gelegenheit trifft er auch auf die Parallel-Story in Form des Lovers seiner Ex-Frau. Er kann sich kaum zurückhalten diesem feinen Pinkel nicht sofort Ohren und Nase abzuschneiden, woraufhin dieser sich erst mal in die Hose pinkelt. Das muss also zunächst verschoben werden.

Nun geht es aber zum ersten Akt der Schlacht, nach Quarte Bras. Hier führt zunächst Silly Billy höchstselbst einen Kavallerieangriff, der allerdings scheitert, da selbst nach zweimaliger Aufforderung seine holländischen Reiter lieber die Flucht ergreifen. Hier trifft Sharpe auf sein altes Regiment, die Prince of Wales‘ Own Volunteers, die mal wieder von irgend so einem unfähigem Offizier geführt werden. Durch einen falschen Befehl von Silly Billy, der auch noch von dem unfähigen Regimentskommandeur im blinden Gehorsam befolgt wird (und das, obwohl Sharpie jeden persönlich ein dutzend Mal erklärt, dass das alles völliger Schwachsinn ist), werden seinen Jungs durch französische Kürassiere niedergemacht. Hier baut sich bei Sharpe also schon eine leichter Unmut auf…das könnte böse enden.

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In dieser guten Laune trifft Richard mal wieder auf seine Parallel-Story. Da er sich mit diesem Weichling kaum duellieren kann, macht er ihm nur seine Pistole kaputt, zerbricht seine Schwert und sein Geld will er natürlich auch zurück, doch auch das muss wieder mal warten.

Sharpe wird am Vorabend der Schlacht von Silly Billy instruiert, bei La Haye Sainte Stellung zu beziehen. Und wo wird der Prinz von Oranien sein? Natürlich überall…überall! Na, das kann ja heiter werden. In der Serie wird Hougoumont und La Haye Sainte aus unerfindlichen Gründen zusammengelegt. Hier spielt also so ungefähr die Hälfte der Schlacht, was praktisch ist, weil Sharpe und seine Jungs dadurch nicht sinnlos in der Gegend rumreiten müssen. In La Hougoumont Sainte ist jetzt der Teufel los. Franzosen überall! Natürlich wird auch das berühmte „closing the Gate“ eingebaut (Tötet die Bastarde!!!). Doch kaum sind die Franzosen zurückgeschlagen, betritt Silly Billy die Bühne und gibt wieder den gleichen schwachsinnigen Befehl vom Vortag (und jetzt alles schön in Linie vorgehen). Wird dieser Käsekopf es denn nie lernen? Sharpe hat jetzt keinen Bock mehr und will sich vom Acker machen.

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Glücklicherweise wird zwischenzeitlich der Lover seine Ex von den Franzosen abgemurkst. Ein Problem weniger und nicht mal der Säbel muss von Blut gesäubert werden. Es kann vielleicht doch noch ein guter Tag werden.

Unterdessen reiten Richard und Paddy zurück zum Schlachtfeld. Ihnen ist nämlich siedend heiß eingefallen, dass sie Napoleon ja noch gar nicht gesehen haben! Hier hat Silly Billy mal wieder richtig Scheiße gebaut und durch seine Schuld werden auch noch Sharpes Kameraden Hagman und Harris getötet. Jetzt gibt es Ärger, wie Paddy treffend bemerkt. Sharpi schießt also kurzerhand seinen unfähigen Vorgesetzten, den Prinzen von Oranien vom Pferd. Zum krönenden Abschluss schlägt er mit Hilfe seines alten Regimentes, den Prince of Wales‘ Own Volunteers die französische Garde in die Flucht und quittiert schließlich die Ankunft der Preußen mit den Worten: „Ach da sind ja die Preußen. Mal sehen, wie wir die noch beschäftigen können…“. Also im Prinzip hätten alle Offiziere der Anglo-Alliierten Armee auf dem Ball der Herzogin von Richmond bleiben können, die Jungs waren für unseren Sharpe mehr Hindernis als Hilfe. Zuletzt sieht er noch Napoleon vom Schlachtfeld fliehen, over the hills and far away …what a day!

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Ich habe mich schließlich für den Kampf um La Haye Sainte für mein erstes Plänkler-Szenario entschieden. Für diesen Schauplatz des Schlachtfeldes habe ich zumindest noch ein altes Modell des Gehöfts auf dem Dachboden liegen und ein paar passende Figuren stecken auch noch irgendwo im Zinnberg. Noch habe ich mich nicht endgültig für ein Regelwerk entschieden, ich werde es zunächst mit „This very ground“ versuchen. Das Ganze Projekt wurde übrigens auch durch die tollen neuen Figuren von Brigade Games ins Rollen gebracht. Neben den „normalen“ Figuren ihrer Napoleonischen Miniaturen-Reihe, gibt es nämlich seit Kurzem auch die Charaktere von Richard Sharpe und seinen „chosen men“ zu erwerben.

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Im nächsten Bericht gibt es dann mehr Figuren und eine Buchbesprechung sowie einen Vergleich zwischen Buch und Serie.

4 Kommentare zu „Sharpe’s Waterloo“

  1. Schöner Einstiegsbericht von dir. Die Filmfassung der Buchvorlage ist tatsächlich ein wenig misslungen. Dennoch ist Sharpe die Serie kult. Vielleicht findest du ja auf der Tactica Zeit, meinen Helden aus der Zeit zu spielen. Der nennt sich Richard „Dick“ Blunt und ist mindestens genauso ein Genie :o)

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  2. Sharp Practice würde sich auch hervorragend für solche Skirmishes eignen. Die 2. Auflage ist voriges Jahr erschienen und ist noch besser als die erste – großartiges Regelwerk, das humorvoll, narrativ und trotzdem historisch plausibel ist.

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