Ferme du Caillou – Napoleons Hauptquartier

Am späten Nachmittag des 17. Juni 1815 stürmten Männer in hohen Reitstiefel und dunkelgrünen Uniformen südlich von Waterloo an der Chaussee nach Brüssel durch die Eingangstür der Le Caillou Farm. Einer von ihnen war der Fourriers du Palace (Quartiermeister des Palastes) mit Namen Pierre Quentin Joseph, Chevalier Bouillon. Er diente bereits im Alter von 16 Jahren in der Armee. Seine Aufgabe war es unter anderem die Quartiere für den Kaiser auszuwählen, während dieser sich auf Reisen oder einem Feldzug befand. Der Bauernhof Le Caillou sollte Napoleons letztes Hauptquartier in einem Feldzug werden.

Der Hof

Le Caillou, nur 4 Kilometer vom heutigen Löwen-Hügel und 2,7 Kilometer von La Belle Alliance entfernt, wurde von Pierre Bouillon als brauchbar für die Unterbringung des Kaisers befunden, die Wagen mit dem Gepäck Napoleons werden unter Anleitung von Captain Coignet, dem Wagenmeister des Kaiser, in den Hof gebracht und ausgeladen. Durch Pannen und Verzögerungen erreichte Napoleons Wagen mit dem Essgeschirr und sein Diener Marchand den Bauernhof erst in der Nacht.

Während der Feldzüge bewachten die „Gendarmes d’élite“ unter dem Kommando von General Radet das Hauptquartier des Kaisers. Für gewöhnlich bezogen sie Posten neben dem Zelteingang oder dem Gebäude, in dem er untergebracht wurde. Manchmal bildeten sie die Eskorte des kaiserlichen Stabes, waren bei Reisen jedoch stets an der Seite der kaiserlichen Kutsche.

Heute ist hier im Hof noch der alte überdachte Brunnen zu sehen.

Außerdem steht im Hof ein Beinhaus von 1912. Es enthält die sterblichen Überreste von Gefallenen der Schlacht, die hier während Ausgrabungsarbeiten gefunden wurden.

Im Hof des Museums steht außerdem eine Statue von Napoleon, das Werk des Bildhauers Luigi di Quintana Bellini Trinchi aus dem Jahr 2002.

Das Hauptgebäude

So sah einst die gesamte Farm, mit ihrem Hauptgebäude, den Ställen, dem Hof und Gärten aus.

Dienstraum

Das erste Zimmer, welches man im Rahmen des Museumsrundgangs betritt, ist nur rund 4 x 4 Meter groß und mit einem Fenster zur Straße versehen, so, dass man diese überblicken kann. Dieser Raum, eigentlich das Speisezimmer des Bauernhofes, wurde von den Adjutanten, den diensthabenden Offizieren und den Dienern Napoleons genutzt. Sie bearbeiten hier die ein- und ausgehenden Befehle und standen dem Kaiser für besondere Missionen zur Verfügung.

In dieser Vitrine sind Gegenständen, wie die Fangschnur einer Uniform, ein Kreuz der Ehrenlegion, ein Fernglas eines Staboffiziers und der Degen eines Flügeladjutanten, dieser Männer zu sehen.

Ein Schriftstück eines Flügeladjutanten, datiert vom Mai 1815.

Der Pfeifenreiniger gehörte dem Soldaten Cantiniaux aus Fleurus. Die Tabaksdose ist aus Ebenholz, der Deckel mit Silber verziert.

Napoleons Schlafraum

Im Nachbarzimmer war Napoleon untergebracht. Es besaß je ein Fenster zum Hof und eines zur Straße. Der Raum, es war das Wohnzimmer des Haupthauses, hatte weiß getünchte Wände und war ansonsten schlicht, bis auf zwei offenliegende Deckenbalken. Man hatte damals alle Möbel aus dem Raum entfernt und das faltbare Regenschirmbett Napoleons aufgestellt.

Vor dem schönen Kamin mit seinem geschnitzten Holzrahmen stand der berühmte Klappsessel aus Holz und rotem Leder sowie ein Klapptisch, auf dem Karten und Depesche ausgelegt waren. In einer Ecke auf einem Gestell hatte man für den Kaiser seine silberne Waschschüssel ausgestellt.

Das berühmte Klappbett Napoleons bestand aus 4 Stangen, welche die Vorhänge trugen. Kleine Kupferrohe dienen als Verbindungen, welche die Stangen mit dem Untergestell verbanden, welches wie ein Regenschirm zusammengeklappt werden konnte. Das Bett ist eine Leihgabe des Musée de l’Armée de Paris.

Als Napoleon sich damals vor diesem Kamin aufwärmte, soll er sich im Spiegel erblickt und laut gelacht haben. Der starke Regen hatte seine Hut dermaßen aufgeweicht, dass die beiden Spitzen bis zu seinen Schultern herabgesunken waren.

Dieses Kruzifix, welches eigentlich dem Besitzer des Hofes, Henry Boucquéau, gehörte, hing ebenfalls im Zimmer, während Napoleon hier residierte.

Speise- und Arbeitszimmer

Das nächste Zimmer diente als Speise- und Arbeitszimmer. Vor dem Kamin hatte man drei identische Tische zu einer großen Tafel zusammengestellt und mit einem Teppich abgedeckt. Sowohl die drei Tische, als auch ein Teil des Teppichs sind noch im Original erhalten. Am 18. Juni 1815 nimmt Napoleon hier um 8 Uhr mit Jerome und zwei Adjutanten das Frühstück ein.

Nach dem Essen werden die Tische abgeräumt und Napoleon und sein Stab versammeln sich zur Lagebesprechung um die Tafel. Das Bild zeigt Napoleon umgeben von den Generälen Flahaut, La Bèdoyere, Milhaut, Reille, Drouot, Bertrand, den Marschällen Soult und Ney, den Prinzen Jerome, Colonel Gourgaud, den Minister Maret, den Baron Fain, sowie verschiedene Stabsoffiziere und Adjutanten.

Restliche Räume

In den restlichen Räumen des Museums sind Uniformen und Waffen zu sehen und man erfährt Grundlegendes zur Handhabung der Muskete und der Bedienung von Geschützen dieser Zeit. Dieser Teil der Ausstellung passt thematisch nicht so recht in das Museum. Hier wäre sicherlich mehr zum Thema Organisation und Arbeit des Stabes und des kaiserlichen Haushalts interessanter gewesen.

Der Obstgarten

Im ummauerten, ca. 4 Hektar großen Obstgarten des Bauernhofes lagerte das 1. Bataillon der Garde-Chasseurs zu Fuß, welches in dieser regnerischen Nacht die Bedeckung des Kaisers stellte. Befehligt wurde die Einheit vom niederländischen Bataillonskommandeur Duurring.

Geschichte des Bauernhofes

Der Bauernhof Le Caillou wurde 1757 erbaut und zum Zeitpunkt der Schlacht von Waterloo von seinem 78-jährigen Eigentümer Henry Jérôme Boucquéau betrieben. Der Kaiser, umgeben von seinem Stab, verbrachte hier vom 17. bis 18. Juni 1815 die Nacht und am nächsten Morgen wurden im Speisezimmer der Farm die Pläne für die kommende Schlacht entwickelt. Am Tag nach der Niederlage Napoleons bei Waterloo steckten die Preußen den Hof in Brand.

Im Hof wurde nach der Schlacht auch zwei Pferde Napoleons zurückgelassen. Sein Pferd Marengo wurde erbeutet und nach London gebracht, wo es kurz danach starb. Das Skelett von Marengo ist noch heute im National Army Museum zu sehen.

Der Bauer Boucquéau entschied sich, den Hof Le Caillou an einen anderen Landwirt aus Vieux-Genappe, Jean Joseph Aubry, zu verkaufen. Nachdem letzterer einen Teil der zerstörten Gebäude wiederhergestellt hatte, verwandelte er das Hauptgebäude in ein Gasthaus. 1823 wurde der Hof von seinem neuen Besitzer Désiré François in eine Poststation umgewandelt, bevor er 1869 in den Besitz des Provinzarchitekten Emile Coulon überging. Emile Coulon war der erste, der ein Augenmerk auf die Restaurierung und Erhaltung der Gebäude legte.

Im Jahr 1889 baute er das Gebäude um und gab ihm sein heutiges Aussehen. Er kaufte außerdem Möbel vom Sohn Boucquéaus. Dabei handelte es sich um drei Tische, zwei Stühle und einen Teppich aus Tournai, die noch heute im Museum zu sehen sind und die im Speisezimmer der Farm als Tafel und Tischdecke dienten. Der Hof wechselte noch ein paar Mal den Besitzer, bis 1974 nach einigen Renovierungsarbeiten das Museum Le Caillou eröffnete. Anlässlich des zweihundertsten Jubiläums der Schlacht von Waterloo wurde das Museum noch einmal komplett renoviert und zeigt sich nun wie auf den Fotos zu sehen.

Genappe – Au Roi d’Espagne

Im ehemaligem Gasthaus Au Roi d’Espagne in Genappe nächtigen am 17. Juni Prinz Jerome und General Reille. Noch am Tag zuvor hatten hier Wellington und sein Stab gefrühstückt und am Abend des 18. Juni war es Blücher, der sich hier einquartierte.

Während Blücher hier nächtigte, wurde im Nachbarraum General Duhesme operiert, der jedoch zwei Tage später verstarb.

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